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24 Stunden Nürburgring

Die legendäre “grüne Hölle” am Nürburgring lebt und hat mit 280.000 Zuschauern in diesem Jahr einen Rekord aufgestellt. Wer fährt da? Etwa 35 Teams mit über 500 PS-Boliden der schnellsten Klasse mit Porsche 911, BMW M irgendwas, Audi R 8, Mercedes AMG GT, Lamborghini, Ferrari, Ford Mustang in der GT – Königsklasse. Dazu mittelschwere Racer in der 2. Kategorie, bis zum Dacia in der 3. Klasse und noch vor 3 Jahren einem Opel Manta mit Fuchsschwanz im Gesamtklassement. Kommendes Jahr, so hört man, will HWA (die Amateurmarke von AMG) mit einem Oldtimer – vermutlich einer modernisierten Version der “Roten Sau” dem AMG Mercedes SEL 6,9, zweiter Sieger von Spa 1972, in den Wettbewerb der unteren Klassen eingreifen.

Es war in diesem Jahr wieder ein Festival der Fans und der Teams. Alle Mercedes sind ausgefallen, viele Porsches und Audis hatten Unfälle, unerwartete Wettbewerber sind gerade so durchgekommen. Die Fans hatten ihren Spass, obwohl am Sonnabend plötzlich der Strom ausfiel und alle Teams für über zwei Stunden in die Boxen verbannt wurden, niemand irgendetwas machen konnte. Aber alle hatten Spaß und feierten sich und das gemeinsame Event. Das sind alle am Nürburgring gewöhnt: Ob ein Hagelsturm die Strecke stundenlang unbefahrbar macht oder wie vor 2 Jahren fast 8 Stunden Nebel das gesamte Feld an die Boxen verbannt: Die Fans haben ihren Spaß und die Teams nehmen es mit Humor. Wo gibt es das im Fußball, wo Millionentransfers die Meisterschaften entscheiden, bevor der erste Anpfiff stattgefunden hat?

Diesmal grüner Tisch

In diesem Jahr wurde das Rennen am “grünen Tisch” entschieden, weil der Manthey-Porsche eine Minute und 17,8 sek. mit Kevin Estre nach einer Kollision mit einem Aston Martin von der Rennleitung bestraft wurde. Der Rowe-BMW – einziger BMW überhaupt im Klassement – mit Kelvin van der Linde gewann dadurch die 24 Stunden vom Nürgurgring.  Aber all dies rührt die Fans und auch die Teams kaum. Der AMG-Mercedes, der, auf Platz 3 fahrend, aufgrund eines Auffahrunfalls durch einen Komkurrenten in einer “Code 60” Zone – die wird ausgerufen, wenn ein Mitstreiter auf der Nordschleife in der Leitplanke landet – so gravierend beschädigt wurde, dass er nicht mehr dauerhaft repariert werden konnte, drehte gegen Rennende einige wenige Runden, um seine Qualifikation im internationalen Championship dadurch sichern zu können. Und alle freuten sich, ihn, den tapferen Havarierten, nochmal zu sehen.

Auch in schwierigen Situationen: kompetente, unabhängige Kommentare

Wie auch immer – die Fans und viele Zuschauer:innen auf dem Sender RTL NITRO konnten das Event 27 Stunden lang geniessen-neuer Rekord einer live-Sportsendung .  Zwar hat in den vergangenen Jahren die eingeblendete Werbung zugenommen, aber noch immer liefern die NITRO-Leute mit einer kompetenten Kommentator:innenriege, die regelmässig Fahrerinnen und Fahrer einlädt, das laufende Rennen zu kommentieren, kompetenten Sportjournalismus. Und die aktuelle Entscheidung vor Rennende wurde ausführlich kommentiert und hart kritisiert. Ein angenehmer Unterschied zur zumeist unkritischen Kommentarlage in der Sportberichterstattung der “Sportschau”.

Heikle Themen nicht ausgeklammert

So wurde etwa offen diskutiert, ob die in vielen Tageszeitungen unkritisch übernommene Ankündigung, dass in Zukunft bestimmte Klassen und dann das ganze Feld mit  wirklich klimaneutralen “Biofuels” fahren können, oder ob es sich bei diesen Kraftstoffen um eine Mogelpackung handeln könnte. Aus der Diskussion um den industriell eingesetzten Wasserstoff kennen wir die Problematik. Dass so viele Unternehmen, insbesondere die Stahlproduzenten, die Robert Habeck als Vorreiter der H² Technologie angekündigt hatte, nun unter der neuen Regierung einen Rückzieher machen, hat einen einzigen Grund: Sie fürchten,  aus der bequemen Subventionsnische vertrieben zu werden – und ohne die ist halt bisher mit Wasserstoff kein Staat zu machen. Das aber ist kein Problem von Habeck und den Grünen, sondern der schwarz-roten Bundesregierung, die Klimaschutz nur noch “light” verfolgt.

Über Roland Appel:

Avatar-FotoRoland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Avatar-Foto
    Detlef Wilske

    Ich finde es erstaunlich, dass ein Grüner mit Begeisterung über eine Veranstaltung spricht, bei der jede Menge umweltschädliche Stoffe in die Atmosphäre gestoßen werden und ohrenschädigender Lärm entsteht. In diesem Zusammenhang spricht er sogar von “Sport”. Und ich habe nie begriffen, was dabei genau der Spaß ist.

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      Roland Appel

      Lieber Detlev, weil ich sicher bin, dass Autorennen weniger Immissionen und gesellschaftlichen Schaden erzeugen, als der Fußball und seine korrupten Funktionäre beim Aufsaugen von Millionen, die sonst den ÖR-Medien für kritischen Journalismus zur Verfügung stünden. Und weil ich rechnen kann.

      Wenn dieses Jahr beim 24 Stunden Rennen 201 Fahrzeuge gestartet sind, fuhren sie maximal etwa durchschnittlich 5.040 km in den 24 std. pro Fz. Das sind 1.013.040 km Fahrtstrecke aller Autos zusammen. Weil nur etwa die Hälfte der Fz. angekommen ist, dürfte die Mio. in der Praxis nicht erreicht worden sein. Ein mal im Jahr – alle weiteren Rennen kommen zusammen nicht mal auf die Hälfte dieser km im ganzen Jahr.
      Auf dem Kölner Autobahnring werden pro Tag 8.100.550 km gefahren, innerstädtisch kommen 10.435.753 km im Mittelwert hinzu, also gesamt 18.526.303 km. jede 24 Stunden, 365 Tage im Jahr. (Basis: Kölner Verkehrsgutachten 2006, inzwischen dürften auf dem Autobahrning etwa ein Drittel mehr Autos, vor allem LKW fahren).
      Nein ich leugne nicht, dass Autorennen nicht emissionsfrei sind und ich halte auch die Biofuel-Rennklassen schon jetzt und vermehrt in den kommenden Jahren für Greenwashing, weil der CO2-neutrale Sprit für nicht viel mehr als die Rennstrecken reichen wird.
      Und zum Sport: Selbst in den unteren Klassen ist Rennen fahren mehrere Stunden lang bei i.d.R. Temperaturen von 50° C und bis zu 5 G, die auf Helm, Kopf und Hals einwirken, trotz Servolenkung und Bremskraftverstärkern sind die Kräfte, die betätigt werden müssen enorm und die 120% Konzentration jede Sekunde, weil Du nicht weisst, was vor Dir hinter der Kuppe auftaucht und gleichzeitig sehen musst, wer Dich wie überholen will. Um das selbst zu erleben, empfehle ich eine Fahrt im “Ringtaxi”.
      Jeder Jeck ist anders, auch bei den Grünen. Wusstest Du, dass wir unter den Mitarbeiter:innen der Grünen im Bundestag von 1983-1990 eine Grüne Motorradgruppe mit bis zu 15 Mitgliedern hatten und die Kollegin Daniela Daniels-Mochetti erfolgreich Motorradrennen fuhr?

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