Nach der Speichelleckerei auf dem NATO-Gipfel dachten ja viele, dass Obszönitäten in Sachen Trump kaum noch zu überbieten seien. Benjamin Netanjahu hat den Gegenbeweis angetreten. Er hat den vorläufigen Jahrhundertrekord der politischen Pornografie aufgestellt – den “Deep Throat” völkerrechtswidriger Vertreibung von Menschen.
Man muss sich die Tatsachen einmal vergegenwärtigen: Ein mit internationalem Haftbefehl vom internationalen Gerichtshof in Den Haag verfolgter Kriegsverbrecher schlägt einen Verfassungsbrecher, Wiederholungstäter sexueller Übergriffe auf Frauen, Begnadiger von Terroristen gegen die US-Verfassung und rechtswidrigen Deportierer von Migranten ohne Gerichtsurteil und unter Bruch des eigenen Verfassungsrechts für den Friedensnobelpreis vor.
Eine Dreistigkeit besonderer Güte
Einem Land wie Norwegen und einem Nobelpreiskommittee, die sich noch ganz anders als Deutschland auf die Einhaltung internationalen Rechts und des internationalen Gerichtshofs stützt, so etwas zuzumuten. Welche Chuzpe! Um dann im Anschluss daran einem gebauchpinselten Trump unter den Augen der Öffentlichkeit und ohne dessen Widerspruch unterzujubeln, dass Israel keine Selbstverwaltung der Palästinenser in einem eigenen Staat mehr dulden möchte. Zwei-Staaten-Lösung adé also – mal so nebenbei erklärt – und Trump ist eh zu sehr von Eitelkeit geblendet, um direkt zu kontern, selbst wenn er es gewollt oder auch nur bemerkt hätte.
Wo bleibt die Reaktion Europas?
Bei allen “Dönekes” und Geschichten um die rechtsextremistischen Präsidenten der USA und Israels: Was ist eigentlich die Reaktion der EU-Ratspräsidentin auf diese skandalösen und verabscheuungswürdigen Selbstinszenierungen dieser beiden gewaltaffinen Böcke? Wäre nicht eine EU-Ratspräsidentin von der Leyen, wenn sie den Mumm hätte, prädestiniert, den beiden Rechtsbeugern zu widersprechen und moralisch heimzuleuchten und damit die EU auch international merkbar zu positionieren? Geht das wirklich nur in Sachen Ukraine-Krieg und Waffenlieferungen? Wer kann schweigen, wenn die Geiseln der Hamas immer noch nicht frei sind und stattdessen Frauen und Kinder im Gazastreifen täglich Opfer des Krieges zwischen Israel und der Hamas werden? Tun Sie was, Frau EU!
Lieber Roland Appel, alles richtig – doch es ist die Tinte nicht wert, über so einen Blödsinn auch nur einen Gedanken zu verschwenden, geschweige denn, ihn aufzuschreiben. Im übrigen: Auf der Liste der Kandidaten für den Friedensnobelpreis standen bereits die übelsten Verbrecher und Menschenrechtsverachter des vergangenen Jahrhunderts – Stalin, Mussolini und selbst Hitler, letzterer allerdings als ironische Aktion durch den schwedischen Sozialdemokraten Brandt gemeint. Auch Putin wurde schon für die Auszeichnung vorgeschlagen.
Empörend ist nicht, dass sich Europa, die EU oder von der Leyen nicht zu diesen albernen Absurditäten äußern, sondern dass sie zum Völkerrechtsbruch beider Politiker schweigen, zur ethnische Säuberung in Gaza, dem dortigen Genozid und der anhaltenden Vertreibung der Palästinenser*innen in der Westbank kaum ein Wort verlieren und sich durch anhaltende Waffenlieferungen an Israel zum Komplizen von Kriegsverbrechen machen. Und das Festhalten der Geiseln durch die Hamas ist ebenfalls eines. Verblendet durch die Staatsräson haben deutsche Regierungen nicht verstanden, worum es im Kern geht – Merz und Wadephul nicht, Scholz, Habeck und Baerbock ebenfalls nicht. Nämlich: Unsere Lehre aus der Shoa besteht eben nicht darin, Israel bzw. jede israelische Regierung vorbehaltlos zu unterstützen, sondern darin, wie es die Autorin Deborah Feldmann einmal formuliert hat, sich überall auf der Welt für die unveräußerlichen und universellen Menschenrechte einzusetzen. Leitplanken sind dabei die UN-Charta und die UN-Menschenrechtskonvention.