Den Newsletter des Demokratischen Salons mit den neuen Texten vom Juni 2025 erhalten Sie vor der Sommerpause. Prognosen, wie warm (heiß!) es noch werden könnte und was in der zweiten Jahreshälfte geschehen mag, sind schwierig. Manche denken vielleicht an Brechts Ballade von der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens aus der Dreigroschenoper: „Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht schlau genug“. Ob Künstliche Intelligenz hilft? Doch auch diese ist zumindest vorerst eng an dem, was Menschen gemacht haben. Vielleicht mag dieser Gedanke für dieses Mal als Denkanstoß genügen, in der Hoffnung, dass es auch gelingende Pläne geben möge, beispielsweise das 15-Punkte-Programm eines iranischen Oppositionsbündnisses (Thomas von der Osten-Sacken berichtete auf mena-watch), möglichst anerkennend, dass „die liberale Demokratie – und nicht der Autoritarismus – die perfekte Staatsform für den unperfekten Menschen ist“ (Liane Bednarz in „Aus Politik und Zeitgeschichte“ vom 28. Juni 2025).

Im Editorial fragt Norbert Reichel, die unveröffentlichte Strophe eines Liedes von Leonard Cohen aus dem Yom-Kippur-Krieg im Jahr 1973 zitierend: „Was ist Recht? Was ist Unrecht?“ 

Und hier die neuen Texte im Demokratischen Salon, denen Vorschläge für den Besuch von Veranstaltungen und Ausstellungen sowie weitere Leseempfehlungen und Hintergrundinformationen folgen:

  • Ines Skibinski berichtet im Demokratischen Salon regelmäßig über die Wahlen in Polen, in „Zaghafte Regierung – weitreichende Folgen“ über die Wahl von Karol Nawrocki zum neuen polnischen Präsidenten. Der erste Wahlgang zeigte, dass junge Menschen eine Alternative zum „Duopol“ zwischen PiS und PO wünschen. Mehr als ein Drittel wählten einen rechtsextremen Kandidaten, viele einen sehr linken Kandidaten. Die Regierung Tusk konnte ihre Vorhaben wegen des Vetos des bisherigen Präsidenten nicht durchsetzen. (Rubrik: Osteuropa) 
  • Iryna Herasimovich stellt in „Vom Überleben der belarusischen Kulturszene“ den achten Band der von ihr unter anderen mit Sylvia Sasse kuratierten Reihe „33 Bücher für ein anderes Belarus“ vor: „Befragungen am Nullpunkt“. Die staatliche Repression in Belarus zwingt Künstler:innen, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Umso wichtiger ist es, ihre Erfahrungsgemeinschaft aufrechtzuerhalten. Im Exil, das ein Autor als „kreative Dienstreise“ bezeichnet, begegnen sich Literatur, Theater, Bildende Kunst. (Rubriken: Kultur, Osteuropa)
  • Christopher Hope verließ Südafrika im Jahr 1987. Die Menschen in Südafrika sind nach wie vor „The Children of Apartheid“ (Text in englischer Sprache). Das südafrikanische Denken ist binär. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, in Südafrika leben viele Menschen, die nicht in dieses Raster passen, so die Nachfahren der Ureinwohner des Landes, aber offizielle Stellen ertragen diese Ambivalenzen nicht. Das ist nicht nur in Südafrika ein Problem. Weltweit herrschen Tribalismus und Gewalt. (Rubriken: Afrikanische Welten, Weltweite Entwicklungen)  
  • Chiara Viceconti von der Sapienza-Universität in Rom untersucht „Literarische Zukunftsvisionen unter dem Kommunismus“. Der Zukunftsroman in der Sowjetunion bewegt sich zwischen optimistischer Utopie und Sozialkritik. Die Wissenschaftlerin zeigt, wie die Autoren und nicht zuletzt mehrere leider kaum noch bekannte Autorinnen Widersprüche im System thematisierten. Berührungspunkte mit der Science Fiction in der DDR zeigen Parallelen. Manches erscheint heute wieder gerade hochaktuell. (Rubriken: Science Fiction, Osteuropa, DDR)
  • Fritz Heidorn stellt in „Aliens, Asteroiden und Gammablitze“ Debatten und Erkenntnisse über Gefahren aus dem All in Wissenschaft und Science Fiction vor, im Einzelnen (mögliche) erste Begegnungen mit Besuchen aus dem All, die Theorie der Panspermie als Ursprung (nicht nur) der Menschheit, die zerstörerische Kraft von Asteroiden und Gammablitzen und wie wir uns davor schützen könnten. Einer der Autoren, die sich aus wissenschaftlicher wie literarischer Perspektive damit befassten, war Ben Bova. (Rubrik: Science Fiction)
  • Lenka Kerler spricht über ihren Debütroman „Die Unterirdischen Seen“: „Manches muss im Dunklen bleiben“. Das Buch ist eine Parabel über eine Suche in einer Welt, in der sich Geschichten ineinander vermischen, sodass niemand mehr sagen kann, was „Wahrheit“ sein könnte. Der Roman beginnt mit einem Verweis auf Franz Kafka und ist ein Spiel mit den Erzählstimmen, zu denen auch recht mysteriöse Figuren gehören, nicht zuletzt spricht die Łódź nachempfundene Stadt selbst. (Rubriken: Osteuropa, Science Fiction, Treibhäuser)
  • Norbert Gutenberg hat die Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger und einen Band rund um „Todesfuge“ von Paul Celan veröffentlicht: „Vermächtnisse der Bukowina“. Die Gedichte reflektieren die Shoah, ein Überlebender und eine junge Frau, die sie nicht überlebte. Gutenberg beschreibt die Atmosphäre, in und aus der die Gedichte entstanden und die letztlich Adornos Verdikt widerlegen, dass nach Auschwitz keine Gedichte mehr geschrieben werden könnten. Beide Bücher bieten darüber hinaus ein einzigartiges Klangerlebnis. (Rubriken: Shoah, Osteuropa)  
  • Daniel Bertels und David Rott bilden an der Universität Münster Lehrkräfte aus. In „Demokratie ist Kinderrecht“ stellen sie ihr für die Friedrich-Ebert-Stiftung verfasstes Gutachten vor. Die Kinderrechte werden in der Schulentwicklung kaum berücksichtigt, doch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Individualität eines jeden einzelnen Kindes anzuerkennen und jedes Kind nach seinen Bedarfen und seiner Persönlichkeit zu fördern und allen Kindern die Möglichkeit zu geben, Schule mitzugestalten. (Rubriken: Kinderrechte, Liberale Demokratie)  

Hier die Vorschläge zu Veranstaltungen und Ausstellungen: eine Ausstellung zur Frage, wo die Nazis nach dem 8. Mai 1945 geblieben sind (Berlin), eine Ausstellung über den „Engel der Geschichte“ (Walter Benjamin) und die Engel Berlins (Berlin), die Werkausstellung von Sandra del Pilar (Soest), die Ausstellung „Kunst der Erinnerung“ mit Werken von Marian Ruzanski (Solingen), eine Veranstaltung zur Lage an US-amerikanischen Hochschulen (Bonn), der überregionale Schreibwettbewerb „Klimazukünfte“, zwei Veranstaltungen zum Thema „Klimawandel und Kultur“ (Mannheim), die Veranstaltungsreihe „Gedenkanstoß“ der Stiftung EVZ (Pasewalk, Karlsruhe, Nürnberg), eine Ausstellung zum Dialog der persischen Künstlerin Farah Ossouli mit Max Ernst (Brühl, Rheinland), eine Ausstellung zum 150. Geburtstag von Thomas Mann (Lübeck), die Ausstellung „Im Angesicht des Todes“ (Frankfurt am Main), die Ausstellung „Civilization“ (München), das Kunstfest Weimar, eine Ausstellung über die Bauernkriege (Halle an der Saale), die Ausstellung „Heldinnen / Sheroes“ (Bonn), die Ausstellung „How To Catch A Nazi“ (Potsdam) und das Dritte Orientalische Filmfestival mit Filmen aus und zum Iran (Koblenz).

Die Leseempfehlungen und Hintergrundinformationen betreffen das 70jährige Bestehen des Leo Baeck Instituts New York / Berlin, die Forderung nach einem Staatsziel Kultur im Grundgesetz, Überlegungen zur Neuordnung der politischen Bildung in Nordrhein-Westfalen, einen „Atlas der Zivilgesellschaft“, sogenannte „Ausländische Agenten“, Frieden als Thema der Friedlichen Revolution, das Welterbe in Stralsund und Wismar, Begegnungen in Gelsenkirchen, die Erinnerung an Bombenanschläge gegen Roma vor 30 Jahren, den deutsch-israelischen Jugendaustausch, „Supermenschen“ in Las Vegas, die Zerstörung des Rechtsstaats in den USA, die Entwicklungen in Syrien (drei Texte), das Völkerrecht im Krieg sowie den 80. Todestag des Erfinders des nahtlosen Kondoms.

Über Norbert Reichel / Demokratischer Salon:

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