Der Populismus schürt die Wut, die ihn nährt
Der populistische Fiebertraum, in dem sich große Teile der heutigen Welt befinden, scheint für sich eine Art perpetuum mobile erfunden zu haben. Er nährt sich von einer Wut, die er zu einem guten Teil selbst hervorbringt und dann erfolgreich weiter triggert. Wenn erst einmal ein solcher sich selbst befeuernder Teufelskreis der Emotionen entstanden ist, dann ist er nur noch schwer zu aufzulösen. Unwillkürlich muss man an soziale Großkatastrophen wie den 2. Weltkrieg denken, in dem die Groß-Populisten der 20er und 30er Jahre, Mussolini und Hitler, erst gestoppt werden konnten. Keine gemütlichen Aussichten.
Das Nachdenken über den Populismus sollte die populistischen Selbstverstärkungseffekte viel stärker berücksichtigen und nicht nur nach den „externen“ Ursachen suchen, die ihn angeblich hervorbringen. Denn wenn ein kritischer Punkt überschritten ist, dann trägt der Populismus sich offensichtlich selbst, auch weitgehend unabhängig von ursprünglichen Hervorbringungsbedingungen.
Ein wichtiges Beispiel für diesen Prozess ist der Brexit, der GB zutiefst geschadet hat und auf dessen Trümmern nun der Erz-Populist und politische Brexit-Letztverursacher Farange sein Süppchen weiter kocht. Ihm schadet der Brexit nicht, vielmehr nützt es ihm, dass seine eigenen Brexit-Konzepte Chaos verursacht haben. Sie haben die Verwerfungen hervorgebracht, die er nun weiter ausschlachten kann.
Auf diesem Weg entsteht eigentlich ein doppelter Teufelskreis des Populismus. Nicht nur seine fiebrigen Phantasie laden sich von selbst weiter auf, sondern auch das Chaos, das er in der Gesellschaft stiftet wird, wird zu seinem zusätzlichen Treibstoff.
Der Blick auf externe „Populismusursachen“ dürfte also viel zu eingeschränkt sein, um sein aktuellen Entwicklungen zu verstehen. Allerdings sollte das nicht den Blick auf „externe“ Bearbeitungsmöglichkeiten verengen. Die liberalen Demokratien tun nicht gut daran, Toleranz mit der populistischen Intoleranz zu üben. Wer von Rechtsextremisten unterwandert ist, die Pressefreiheit und die Gewaltenteilung einschränken und den demokratischen Rechtsstaat aushöhlen will, hat im demokratischen Wettbewerb nichts verloren. Ein AfD-Verbot in Deutschland ist überfällig. Es wäre gut, wenn das auch im rechtskonservativen Flügel der Union einmal ankäme. Die Vorläuferparteien der Christdemokraten in Deutschland und Italien, das Zentrum und der Partito Populare, haben sich im Kampf gegen Hitler und Mussolini nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Sie waren in Teilen Steigbügelhalter. Heute wäre es an der Zeit, daraus Lehren zu ziehen.
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