Details zu gesundheitsfördernder Mediendiät

Warum überrascht es mich nicht? In einem stockkonservativen deutschen Provinzblatt, dessen Titel gerne zitiert wird, wenn jemand was über deutschen Medienprovinzialismus verdeutlichen will, gab die einstmals mächtigste Frau dieser Republik bekannt, auf welche Weise sie sich nunmehr als Ruheständlerin informiert – und vor allem in Ruhe gelassen werden will. Und es deckt sich fast vollständig mit meiner eigenen Mediendiät. Wir sind alt, und können es uns leisten.

Hier, nur mal so als Beispiel, die Zukunftsmusik für alle, die sich das nicht leisten können. Da verzichte ich doch gern. Aus gesundheitlichen Gründen.

Für uns Alte und Weise noch ein originelles Detail. Ich stelle schon seit Jahren fest, dass die Paywall diverser Onlinemedien, die sowohl Frau Merkel als auch ich (noch) nutzen, auf meinem Apple-Desktop weit dichter gemauert ist, als auf meinem Linux/Firefox-Laptop. Frau Merkel wird es nicht schwerfallen, eine ihrer Angestellten managen zu lassen, dass sie zahlreiche Onlineabos bezahlen, ohne, dass sie auch nur damit behelligt werden muss. Auch das schont die Gesundheit.

Ich dagegen, soviel Ehrgeiz steckt noch in meinem alternden Geist, muss und will abwägen, was bei schmaler Rente nutzt, und was dem Wohlbefinden schadet. Muss ich alles lesen, was an reaktionärem Unsinn in FAZ, Spiegel u.a. steht? Nein, keinesfalls. Was sie digital vermauern, das wollen sie gar nicht gelesen haben. Kapital ist ihnen wichtiger als gelesen werden. Als Plebs soll ich sowieso weniger wissen, als das Kapital; das ganze deutsche Bildungssystem ist darauf abgestellt. Und ich bin ein Plebs, der sich das leisten kann; um die Revolution müssen sich Jüngere kümmern. Wenn ich mir das Anklicken spare, haben also alle was davon. Paywallbohrer wären zwar verfügbar – aber ist es mir wichtig genug, sie anzuwenden? Meistens nicht. Ergonomisch und sinnlich ist mir das Arbeiten am Apple sowieso lieber, als am Laptop. Ich spare Zeit, die sowieso immer knapper wird, und verschwende sie weniger mit reaktionärem Trash. Wie bei meiner Talkshowvermeidung.

Was heute aber, nur mal so als Beispiel, sehr, sehr gutgetan hat, ist, was die FAZ heute von meinem männlichen Lieblingsossi – er muss freilich hinter meinem Liebnlingsossi-Freundinnen, die heute in Köln leben, zurückstehen – Hans Meyer paywallfrei gelassen hat. Der alte weise Mann ist jetzt 82, und leider im Vorjahr aus dem Präsidium von Borussia Mönchengladbach ausgeschieden. Ich hätte ihn gerne durch Lucien Favre ersetzt, aber mich fragt ja keiner. Nun kann keiner von ihnen Roland Virkus endlich feuern. Aber ich schweife ab. Für Meyer selbst war das Ausscheiden gewiss der weiseste Entschluss und ist ein Zeichen seines weiterhin topwachen Geistes:

“Fußball-Trainer-Legende Hans Meyer beantwortet FAZ-Fragebogen: Fussballtrainer im Ruhestand – Hans Meyer zählt zu den charismatischsten Trainern. Im F.A.Z.-Fragebogen verrät er, warum er nie einen Berater brauchte, welche Fehler er hat und was für ihn das größte Unglück als Fußballer ist.”

Und jetzt zum Mittagessen. Wie immer ohne Handy.

Über Martin Böttger:

Avatar-FotoMartin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger