von Matthias W. Birkwald MdB

Die vorgezogene und abschlagsfreie Rente ab 63/65 ist ein voller Erfolg, denn Menschen, die 45 und mehr Jahre in die Rente eingezahlt haben, können oft nicht mehr länger arbeiten und haben sich ihren Ruhestand redlich verdient. Das kann auch die tendenziöse und vor Fehlern strotzende Berichterstattung der ‘Bild’-Zeitung nicht verschleiern. DIE LINKE fordert eine Rückkehr zur Rente ab 65 ohne Wenn und Aber. Ein Bericht der BILD-Zeitung suggeriert, dass die Kosten für die frühere abschlagsfreie Rente enorm angestiegen seien.

Dazu ein Faktencheck:

Bei der Rente ab 63/65 („Rente für besonders langjährig Versicherte“) handelt sich um eine abschlagsfreie Altersrente, die man nach 45 Versicherungsjahren in Anspruch nehmen kann. Ab dem Jahrgang 1952 besteht seit 1. Juli 2014 die Möglichkeit, diese Rente bereits mit 63 Jahren zu erhalten. Vorher konnte man ab 65 abschlagsfrei in Rente gehen.

Der Jahrgang 1955 kann aber nicht mehr mit 63 in die abschlagsfreie Rente, sondern erst ab 63 und 6 Monaten. Pro Jahrgang verschiebt sich das Zugangsalter um zwei Monate. Ab Jahrgang 1964 wird aus der Rente ab 63 dann endgültig eine Rente ab 65. Von der Rente ab 63 zu sprechen ist deshalb ein glatte Fehlinformation, die viele ältere Zeitungsleserinnen und -leser, wenn sie denn ihren Antrag stellen wollen, sicherlich irritieren wird.

Gerade bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit ihren hohen Voraussetzungen sind nicht über mehrere Jahre aufsummierte Anträge („eine Million“) entscheidend, sondern die echten Zugänge (nach Bewilligung). In den Jahren 2014 bis 2016 gingen insgesamt 650.733 Menschen tatsächlich in diese Rentenart.

Diese beliefen sich im Jahr der Einführung

* 2014 auf 151.000
* 2015 auf 274.000
* 2016 auf 225.000.

Damit liegen die realen Zahlen nur knapp über den erwarteten 200.000 Menschen pro Jahr.

Übrigens: Zehn Prozent (70.000) der Beziehenden einer Rente ab 63/65 sind heute älter als 67, d.h. sie haben die Rente seit 2014 nicht vorzeitig bezogen und wären damit eh ohne Abschläge in die Rente für besonders langjährig Versicherte gegangen.

Dass die Altersrente für besonders langjährig Versicherte so beliebt ist, liegt auch daran, dass andere Wege in einen vorzeitigen Ruhestand weggefallen sind. Frauen konnten bis zum Jahrgang 1951 ab 60 in den Ruhestand gehen – allerdings mit hohen Abschlägen. Das gleiche galt für Arbeitslose und Beschäftigte in Altersteilzeit, die ab 63 Jahren mit Abschlägen in Rente gehen konnten. Diese Rentenarten sind weggefallen.

Monatsausgaben sind noch lange keine Mehrausgaben, die auf die Neuregelung von 2014 zurückzuführen wären. Viele dieser Rentnerinnen und Rentner hätten auch schon nach dem alten Recht eine vorgezogene Altersrente bezogen, allerdings mit Abschlägen. Nur die Kosten, die aus den nicht erfolgten Abschlägen resultieren, sind also echte Mehrkosten und sind sicherlich weitaus weniger als die von der Bild zitierten 1,3 Milliarden Euro.

Wie hoch diese genau sind, wissen wir aber nicht. Was wir auch nicht wissen, ist wie viele ältere Menschen sich auf Grund der Neuregelung für einen früheren Renteneintritt entschieden haben. Aber wir sollten diese Entscheidungen nicht kritisieren, sondern die damit verbundene Lebensleistung respektieren!

2016 lag der Frauenanteil bei den Neuzugängen in die Altersrente für besonders langjährig Beschäftigte bei 44 Prozent.

Der Autor ist Bundestagsabgeordneter aus Köln für die Fraktion Die Linke und deren rentenpolitischer Sprecher.

Über Matthias W. Birkwald (Gastautor):

Matthias W. Birkwald ist Mitglied des Deutschen Bundestags, parlamentarischer Geschäftsführer und rentenpolitischer Sprecher der Fraktion "Die Linke".