Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) (Seite 1 von 2)

In der Kampfzone

Rassismus, Antisemitismus und das Ringen um Deutungshoheit

Eigentlich sollte der Kampf gegen Antisemitismus mit jenem gegen Rassismus Hand in Hand gehen. Doch Opferkonkurrenzen, unterschiedliche Haltungen zum Nahostkonflikt und eine dominant gewordene Betroffenenperspektive erschweren eine Verständigung.

„Der Nahostkonflikt wird im Plenum gelöst.“ Unter diesem ironischen Titel habe ich im Frühling 2019 einen Diskussionsabend in der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main organisiert. Zu meiner Überraschung wurde die kleine Veranstaltung zum Skandal. Weiterlesen

Von verzerrten Evidenzen und moralischer Panik

Weder der Diskurs um „politische Korrektheit“ noch seine Neuauflage als Cancel Culture sind als neutrale Beschreibung der Wirklichkeit besonders triftig. Als Medienphänomene sind beide aber äußerst interessant.

Alle Welt hat Angst vor Cancel Culture, aber jede Nation lebt diese Angst auf ihre Weise aus. Der russische Diskurs über „культура отмены“ ist nicht der brasilianische um „cultura do cancelamento“, der französische über „le wokisme“ hat wenig mit dem türkischen über „linç kültürü“ zu tun. Wenn man die Sorge um „die“ Cancel Culture also als Mediendiskurs thematisiert, muss man vorsichtig sein. Denn es hängt viel davon ab, wessen Medien gemeint sind. Weiterlesen

Rechtspopulistische Diskursverschiebungen

Die Wahlerfolge und Umfragehochs rechtspopulistischer Parteien haben zu einer wahrnehmbaren Verschiebung der öffentlichen Diskurse in liberalen Demokratien geführt. Wer dieser Diskursverschiebung wirksam begegnen will, sollte ihre Mechanismen kennen.

Zurzeit mehren sich mit Blick auf den Aufstieg des Rechtspopulismus die Kassandrarufe in der Öffentlichkeit. Rechtspopulistische Parteien (im Weiteren RPP) gewinnen europaweit – und auch darüber hinaus – Wahlen und führen oft die Meinungsumfragen an. Das hat Auswirkungen auf den öffentlichen Diskurs. Das politische Spektrum rückt nach rechts, eine signifikante Diskursverschiebung ist wahrnehmbar. Themen, Argumente, Slogans, Rhetorik und Performance (also geschriebene, gesprochene und visuelle Texte über bestimmte Themen) von RPP [1] werden akzeptabel und von – meist konservativen – Mainstreamparteien übernommen. Weiterlesen

75 Jahre nach der Nakba

Während die Gründung Israels 1948 für Jüdinnen und Juden einen sicheren Zufluchtsort schaffte, steht sie für die Palästinenserinnen und Palästinenser für die “Katastrophe”.

Dieses Jahr feiert Israel sein 75-jähriges Bestehen und damit auch die Etablierung eines sicheren Zufluchtsortes für Jüdinnen und Juden aus aller Welt. Zugleich jährt sich zum 75. Mal die Nakba (arabisch: “Katastrophe”), also die Flucht und Vertreibung der meisten ansässigen Palästinenser*innen aus dem heutigen Staatsgebiet Israels. Für Palästinenser*innen ist die Nakba nicht nur ein Ereignis, das in der Vergangenheit liegt. Vielmehr beschreiben sie mit dem Begriff auch ihre aktuelle Lebensrealität. Weiterlesen

Leerstand als Chance

Die Innenstädte sterben aus. Gut so, findet Lena Fiedler. Wenn die H&Ms und Primarks verschwunden sind, gibt es endlich wieder Platz für Menschen.

Einer Urban Legend zufolge ist in meiner Heimatstadt Essen mal jemand fast von einem großen E erschlagen worden. Heruntergefallen ist es vom Hotel „Handelshof“. Die großen Leuchtbuchstaben in Blau und Gelb dort haben bis vor kurzem verkündet: Essen, die Einkaufsstadt. Jeder in meiner Heimatstadt kennt die Lettern, von denen eigentlich immer ein paar kaputt sind. Ob es stimmt, dass das aus der Halterung gefallene E beinahe einen der wenigen Passanten getötet hat? Keine Ahnung. Aber mir fällt diese Geschichte immer ein, wenn ich am Hauptbahnhof ankomme und in die Innenstadt gehe. Kommt nicht oft vor. Weiterlesen

Reclaim and Remember

Die NSU-Tribunale als solidarische Gerechtigkeitspraxis – Essay

Parallel zum Münchner NSU-Prozess formierte sich in Köln ein zivilgesellschaftliches Tribunal. Dieses bot den vom NSU-Terror Betroffenen eine solidarische Plattform, um Anerkennung und Gerechtigkeit einzuklagen, die Behörden und Gesellschaft ihnen verwehrten.

Dieser Artikel geht auf ein Gespräch zwischen İbrahim Arslan und Madlyn Sauer zurück, nachdem Sauers Buch “Wir klagen an!” zu den NSU-Tribunalen im Dezember 2022 im Unrast-Verlag erschienen war und sich darin zu wenige Betroffenenperspektiven in Form von Gesprächs- und Interviewpartner*innen fanden. Weiterlesen

„Bis zum Kollaps”

Die Dramedy „This is going to hurt“ über einen überlasteten jungen Arzt in Großbritannien ist die politischste Krankenhausserie seit langem – und könnte so ähnlich auch hierzulande spielen.

Worum geht’s?

Um den jungen Assistenzarzt Adam Kay (Ben Whishaw), der im Jahr 2006 als Gynäkologe in einem staatlichen Krankenhaus in London arbeitet. Von außen betrachtet führt Adam ein aufregendes Leben: Tagsüber bringt er Babys zur Welt, abends könnte er mit seinem Freund durch Pubs ziehen. Stattdessen schläft er auf dem Krankenhaus-Parkplatz in seinem schrottreifen Kleinwagen, übernimmt Zusatzschichten, wenn Kolleg:innen fehlen, und wird von seinem besten Freund als Trauzeuge entlassen, weil er es fast nicht geschafft hätte, dessen Junggesellenabschied zu organisieren. Irgendwann stellt Adam fest: „Medizin hat mein Leben zerstört.“ Weiterlesen

Wie brannte Moria ab?

2020 ging das Geflüchtetenlager in Flammen auf. Als Brandstifter wurden sechs junge Afghanen verurteilt. Ein Rechercheteam zeigt jetzt: Es gibt noch einige offene Fragen

Legte man in den Tagen nach dem Feuer von Moria im September 2020 seine Hand auf den verbrannten Boden von Moria, hob sich eine weiße Ascheschicht in die Luft, leicht wie Puderzucker. Der Boden war noch warm. Holzbalken ragten schwarz verkohlt wie Zeigefinger in die Luft, die Zelte ringsum, in sich zusammengefallen, erinnerten an verbrannten Kaugummi. Weiterlesen

“Szenetypische Straftaten”

Zur Rolle der Sicherheitsbehörden im NSU-Komplex

Welche Verantwortung tragen die Institutionen der deutschen Sicherheitsarchitektur dafür, dass die beispiellose Mord- und Anschlagsserie des NSU weder verhindert oder gestoppt noch vollständig aufgeklärt wurde? Welche Lehren müssen daraus gezogen werden?

Als “beschämende Niederlage der deutschen Sicherheits- und Ermittlungsbehörden” bezeichneten die Obleute des ersten NSU-Untersuchungsausschusses 2013 im Deutschen Bundestag die Tatsache, dass weder die Mord- und Anschlagsserie des Netzwerks des “Nationalsozialistischen Untergrunds” (NSU) verhindert, noch die Täter ermittelt werden konnten.[1] Ein Jahrzehnt liegt diese für Polizei, Justiz und Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern verheerende Bilanz der Abgeordneten von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP nun zurück. Weiterlesen

Der kleine große Widerstand

Essay von Heribert Prantl

Ohne die Zivilcourage von Whistleblowern, die kleine und große Missstände aufdecken, können Gesellschaft und Demokratie nicht gedeihen. Gut, dass das nun gesetzlich anerkannt ist. Schlecht, dass es immer noch gefährlich ist, Unrecht öffentlich zu machen.

Darf ein Rechtsstaat Verbrechen begehen? Natürlich darf er das nicht. Ein Rechtsstaat darf nicht gegen Verfassung, Recht und Gesetz verstoßen. Und wenn er es trotzdem tut? Darf der Staat dann denjenigen bestrafen, der das als Whistleblower aufdeckt und öffentlich macht? Muss man den Mund halten, wenn man von schweren Missständen erfährt – jedenfalls dann, wenn man ein Staatsbediensteter ist? Und wann darf man wie den Mund aufmachen – und wem gegenüber? Das sind die wichtigen Fragen, um die es beim Whistleblowing geht: Gibt es ein Recht, rechtswidrige Zustände öffentlich zu machen? Weiterlesen

“Ich habe im Dienst auch Grenzen überschritten”

Rafael Behr war lange Polizist, seither forscht er zur Polizei. Und findet: Wir sollten ihr misstrauen. Ein Interview von Janina Bauer und Anna Dotti.

Rafael Behr empfängt in der Hochschule der Polizei in Hamburg – und mit ihm seine Hündin Mala. Die will erst mal gekrault werden. „Entschuldigen Sie“, sagt Behr. „Sie ist sehr liebesbedürftig. So wie Polizisten.” Weiterlesen

Einfach nur Fußball

Zwischen den Hobby-Spielerinnen Martina Keller und Paula Hatzel liegen 37 Jahre, zwei Generationen Frauenfußball und eine Frage: Wie hat sich ihr Sport verändert? Interview: Florian Haupt (BpB).

Diesen Sommer wird in Australien und Neuseeland die Frauenfußball-WM ausgetragen. Hinter dem Sport liegen historische Saisons: Immer mehr Klubs öffneten die großen Stadien für weibliche Teams. Zu manchen Spielen der Women’s Champions League kamen mehr als 90.000 Fans, das Finale der EM 2022 zwischen Deutschland und England (1:2 n.V.) sahen 18 Millionen. Weiterlesen

„Das waren 56 Jahre Diktatur“

Welche Spuren hat die DDR bei denen hinterlassen, die nach der Wende in Ostdeutschland aufgewachsen sind? Das fragt Anne Rabe in ihrem neuen Roman. (Interview: Lena Fiedler / Fluter.de)

Als die Mauer fällt, ist Stine, die Protagonistin in Anne Rabes Roman „Die Möglichkeit von Glück“, drei Jahre alt. Die Spuren, die die DDR in ihrer Familie hinterlassen hat, überschatten ihre Kindheit und Jugend. Als Stine älter wird, will sie das Schweigen in der Familie brechen: Woher kommt all die Gewalt, die ihr Leben und das ihrer Freund*innen dominiert? Weiterlesen

Krieg und Gedächtnis

Wie man einen Krieg nennt, liegt in den Händen der Betrachter und an ihren politischen Absichten. Der aktuellen Debatte täte mehr Rationalität gut

Es war windig auf dem Rigaer Siegesplatz, vermutlich weil das hoch aufschießende sowjetische Ehrenmal die Luftströmungen teilte. Es zerteilte auch anderes, Erinnerungen, Gefühle, Geschichtspolitik, alles, was sich hinter der schlichten Aufschrift „1941 * 1945“ verbarg; nur die russische Minderheit feierte hier am 9. Mai.

Nun wurde das Denkmal in Riga gestürzt, und während ich mich frage, was diese hochsymbolische Geste für die Zukunft des Erinnerns in Europa bedeutet, bin ich in Gedanken noch einmal auf dem Platz, wo ich den Obelisken vor einem Jahr sah. Weiterlesen

Handbuch

Wenn Bundesaussenministerin noch ein Strategiehandbuch für Aussenpolitik gemäss ihres Amtseides (“Schaden abwenden”) bräuchte, könnte sie bei Martina Fischer anfangen: “Die Hoffnung nicht aufgeben” ist eine Übernahme vom Deutschland Archiv und der Bundeszentrale für politische Bildung, die, ihrem Namen folgend, derzeit mächtig was zu tun hat. Ich fürchte nur: in der Regierung ist es nicht nur eine Frage der Bildung und guter oder schlechter Beratung, sondern eine Frage der “Interessen” (Egon Bahr). Weiterlesen

Der Kampf hat begonnen

Ein europäisches Netzwerk, das anders als Facebook weder Daten verkauft noch die Demokratie zersetzt: Wie realistisch ist das eigentlich?

Mal angenommen, es gäbe in Europa ein soziales Netzwerk, das vor allem für die Nutzerinnen und Nutzer da wäre. Es würde persönliche Daten schützen, wäre dezentral organisiert mit offengelegten Algorithmen. Alle könnten nachvollziehen, wie es funktioniert. Ach ja: Auf der Plattform gäbe es keine Werbung, Nachrichten würden ohne Priorität, rein chronologisch präsentiert. Gewaltverherrlichende Posts und Videos würden schnellstens gelöscht, autoritäre Regime würden dort keine Propaganda machen. Nur ein Traum? Weiterlesen

Surveillance Capitalism – Überwachungskapitalismus

Essay von Shoshana Zuboff

Ich wende mich hier und heute nicht nur als Denkerin, Wissenschaftlerin und Autorin an Sie, sondern auch als Staatsbürgerin und – nicht zuletzt – auch als Mutter. Über die vergangenen beiden Jahrzehnte habe ich die Entstehung und Ausbreitung einer beispiellosen Mutation des Kapitalismus beobachtet, die ich als “Überwachungskapitalismus” bezeichne. Und ich mache kein Hehl aus meiner Besorgnis hinsichtlich seiner Auswirkungen für unsere Ökonomien, für die Aussichten von Marktdemokratie und Privatsphäre, ja hinsichtlich seiner Bedeutung für die Zukunft des Kapitalismus selbst. Weiterlesen

Tunesien / Argentiniens E-Fallout / Ukraine / Fakenews

Tunesien ist das Herkunftsland meines Fußball-Kneipiers, sowie das des mutmasslichen Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri und seines mutmasslichen Mittäters, den die BRD aber lieber nicht fangen, sondern abschieben wollte. Wer weiss, was er ausgesagt hätte …. Darum geht es alles nicht in der dennoch politisch wichtigen Reportage von Jan Marot “Ernüchterung nach der Euphorie”. Ansonsten berichtet ja niemand aus dieser seltenen arabischen Demokratie.
Detlef zum Winkel/telepolis hat sich ein wenig umgelesen, wie es während des Stromausfalls am Wochenende um die argentinischen Atomkraftwerke bestellt war. Weiterlesen

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