Sigmar Gabriel fordert angesichts der Milliardenkosten für Geflohene mehr Investitionen für mehr soziale Gerechtigkeit, eine Erhöhung der Mittel für Sozialwohnungen, die Anhebung von Kleinrenten, mehr Mittel zur Armutsbekämpfung bei der hier lebenden Bevölkerung, um Ungerechtigkeiten und soziale Spannungen zu vermeiden. Chapeau! Hat die SPD endlich ihre eigentliche Rolle wiedergefunden und ist nun plötzlich wieder “Anwalt der kleinen Leute”?
Bei näherem Hinsehen ist der Vorschlag eine billige Luftblase angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen 2016. Denn selbst wenn die Haushalte dies alles hergäben, wäre alles eine nicht nachhaltige Milchjungenrechnung. Denn zum einen werden einseitig nur die Kosten, nicht der volkswirtschaftliche Nutzen der Flüchtlinge thematisiert. Das ist nur die halbe Wahrheit und deshalb ebenso irreführend, wie die ausschließliche Nennung von Einwanderungs- und nicht von Abwanderungszahlen. 2015 sind 1,5 Mio. Menschen zugewandert, über 900.000 haben Deutschland verlassen. Die Migrationsbilanz beträgt keine Million, sondern etwa 550.000. Das wird unterschlagen und wirkt sich folglich als struktureller Rassismus aus.
Arme gegen Flüchtlinge ausgespielt
Populistische Forderungen, die zum einen den direkten Zusammenhang zwischen den bescheidenen Mindestleistungen an Flüchtlinge und den Ängsten der armen Schichten vor weiterem sozialen Abstieg herstellen, wirken fatal, denn damit schlägt die SPD geistig in die selbe Kerbe, wie AfD und Rechtsextremisten, die behaupten, dass Flüchtlinge den hier lebenden Bürgern etwas wegnehmen oder gar um Arbeitsplätze konkurrieren. Das ist Unsinnig und es kann nicht angehen, dass angesichts der Flüchtlingskrise, die Solidarität mit den Ärmsten erfordert, Beschwichtigungsgeschenke an “einheimische” Sozial bedürftige vergeben werden.
Arme und der Reichtum
Denn entweder es gibt eine soziale Schieflage, wofür es gute Argumente gibt, haben die Armutsberichte doch in diesem Jahr festgestellt, dass das Vermögen von 50% der ärmeren Bundesbürger nur noch 1%, des Gesamtvermögens beträgt, während es vor einigen Jahren noch 3% waren, 1 % der Bevölkerung jedoch über 50% des Gesamtvermögens der Bundesrepublik Deutschlands verfügen. Dann muss Politik daran grundsätzlich etwas ändern, den verarmenden Mittelstand steuerlich entlasten und in die Vermögen der Reichen spürbar eingreifen, um zugunsten der Armen umzuverteilen. Das würde bedeuten, eine wirkungsvolle Erbschaftssteuer (wie in den Vereinigten Staaten), hohe Steuersätze für Personen, die über 500.000 EUR p.A. verdienen und eine Sonderabgabe für Einkommensmillionäre zu beschließen und vor allem durchzusetzen und Steueroasen auszutrocknen.
Billiger Populismus
Das wäre ernsthafte SPD-Politik. Das, was Gabriel vorgeschlagen hat, ist eine lächerliche anti- AfD- Prämie für Protestwähler aus Steuermitteln. Wolfgang Schäuble tut recht daran, wenn er das verweigert. Der SPD sei die verständige Lektüre des Grundwissens eines gewissen Karl Marx empfohlen: Kapital ist nämlich nicht ein Sack voll Bargeld und auch keine zufällig mal munter sprudelnde Steuerquelle. Und Armut beseitigt man nicht durch Almosen, sondern durch ein gerechtes Steuersystem, das durchgesetzt wird. Alles andere ist billiger Populismus. Die Menschen merken das und wer halbgare, populistische Forderungen erhebt, läuft Gefahr, dass die Wähler sauer reagieren und lieber das populistische Original wählen.
Seehofer und Orban
Seehofer betreibt seit Monaten das Geschäft der AfD, indem er mit Viktor Orban am Ammenmärchen strickt, Angela Merkel habe die Flüchtlinge eingeladen, die Klöckner und der Wolf sind der Kanzlerin mit ihren “Tagesquoten” in den Rücken gefallen. Nun ist ihnen Gabriel mit seiner Besänftigungsprämie gefolgt. Es scheint, als ob alle die AfD mit allen Mitteln in die Parlamente bringen wollen. Mit so viel Phantasielosigkeit ist die Bundestagswahl 2017 für die SPD schon gelaufen. Wahrscheinlich bedarf es eines Bundes-Kretschmann, um wieder Reformpolitik möglich zu machen. Cem Özdemir könnte, wenn er sich zurücknimmt, 2021 nach Merkel da ‘reinwachsen.
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