Ja so ein höchst geheimer Geheimagent, der kann was erzählen. Ein bewegtes Leben zwischen der Jagd auf den damaligen Ausbrecher-König Alfred Lecki, der 1969, während seine Mithäftlinge zu Weihnachten „Macht hoch die Tür die Tor macht weit“ sangen, den Text all zu wörtlich nahm und die Haftanstalt in Essen illegal verließ, bis hin zur Mit-Organisation der Friedensgespräche zwischen der kolumbianischen Regierung und einer der Guerilla-Gruppen im Kloster Himmelspforten.
Mauss war, davon ist der Mann sehr überzeugt – ein ganz wichtiger Mann, ganz geheim und stets in Lebensgefahr agierend und im ständigen Einsatz für die Sicherheit Deutschlands, Europas, Israels Kolumbiens und auch im Dienste Chinas.
Während er zu Beginn der Verhandlungen schwieg und später zwar viel redete, aber wenig aussagte, nannte er in der Verhandlung am 28. November 2016 den Namen des angeblichen Initiators des überaus geheimen Geheimfonds, dessen Inhalt nach Auffassung der Steuerfahndung und der Bochumer Staatsanwaltschaft gegenüber den Steuerbehörden verschwiegen wurden. Die bezeichnen das als Steuerhinterziehung. So etwas wäre strafbar – aber Werner Mauss begeht keine strafbaren Sachen und wurde auch noch nie im Leben rechtskräftig verurteilt. Das hat er gesagt. Mehrfach.
Hauptzeuge – leider schon vor Jahren verstorben
Der Mann, der alles aufklären könnte, heißt Gerhard Boeden und war nach einander Vize- Präsident des BKA und danach Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Also ein honoriger Zeuge – nach dem in Meckenheim bei Bonn sogar eine Straße benannt ist. Doch das macht man in Deutschland üblicherweise nur posthum, also nachdem jemand verstorben ist. Und richtig: Gerhard Boeden verstarb bereits am 26. Mai 2010. Ob das dem Geheimagenten entgangen war? Mauss hatte mehrfach angekündigt, die wichtige Person aus dem Sicherheitsbereich würde schon bald in seinem Prozess aussagen. Daraus wird wohl nichts.
Nun erzählte Mauss, Boeden habe den Fonds 1985 organisiert „und das Geld auch.“ 1987 habe Boeden, bereits als Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) , Mauss gebeten, im Bereich des Krisenstabs Libanon tätig zu werden. Bis 1991 habe er für den BfV gearbeitet. 35 Geiseln habe er bis 1990 befreit.
Später sei er auch im Einsatz gegen islamische Terroristen gewesen. Von der Bundesregierung sei er dann „zum Schutze Israels abgestellt worden.“ Vom BfV habe er nie Geld erhalten – die Kosten der Operationen wurden aus dem Fonds finanziert. Sein Monatssalär von rund 18.000 DM im Monat und später rund 15.000 US Dollar sei nicht aus dem Fonds, sondern zusätzlich finanziert worden. Der Richter fragt, ob es dafür einen weiteren Fonds gegeben habe. Mauss bestätigt das irgendwie. Wie genau hat der Autor nicht verstanden. Boeden habe jedenfalls auch Schmidbauer über den Fonds unterrichtet. Der frühere Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer wird als Zeuge am Montag, der 09.01.2017 erwartet.
Widerspruch aus der Knesset
Dessen Aussagen werden mit Spannung erwartet. Bisher hatten einige der von Mauss ins Feld geführten Zeugen wenig zu seiner Entlastung beigetragen. So widersprach der israelische Verteidigungspolitiker Amir Peretz in einer Email dem „Ehrenwerten Richter“ Dr. Markus van den Hövel, dass er keineswegs – wie von Mauss behauptet – Sprecher des Fonds gewesen sei oder in diesem Fonds jemals irgend eine Funktion bekleidet habe. Über Mauss‘ Arbeit für Israels Sicherheit dürfe er keine Auskünfte geben.
Vom BND, so Mauss, habe er für seine Kolumbien-Aktivitäten kein Geld bekommen. Andererseits habe er Operationen unterstützt. Präzise Auskünfte erscheinen zumindest in diesem Verfahren nicht als die größte Stärke des 76jährigen Ex-Agenten. Er spricht davon, dass Entscheidungen schnell gefasst werden mußten und es klingt so, als sei er schon mal mit Geldern aus seinem Fonds – natürlich in Absprache mit dessen ausländischen Finanziers – eingesprungen, um eilige Operationen zu ermöglichen. Für den Autor klang das so, als habe nicht der BND Mauss finanziert sondern umgekehrt – als hätte Mauss schon mal dem BND finanziell ausgeholfen. Eine klare Aussage dazu machte Mauss auch nicht.
In Kolumbien hätten die an einer dortigen Pipeline beteiligten Firmen wie die inzwischen aufgelöste Mannesmann AG Sozial- und Bildungsprojekte entlang der Route finanziert und diese Gegend damit teilweise befriedet. Mauss bezeichnet sich auch als Initiator der Friedensgespräche zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla (ELN Exercito de Liberaciòn Nacional, Anm. des Autors) im Würzburger Kloster Himmelspforten. Kardinal Lehmann sei an diesen Gesprächen beteiligt gewesen und auch der heutige Papst Franziskus, damals Kardinal in Kolumbien, habe mal vorbei geschaut.
Mauss hat sich in Kolumbien – wo er mehrere Monate im Gefängnis saß und das Land ein paar Jahre nicht verlassen durfte, später aber von allen Vorwürfen rehabilitiert wurde – voll ins Zeug geworfen.
Mauss auch als Nikolaus aktiv
So erzählt er, als Nikolaus verkleidet im Gebiet der Pipeline Geschenke an Kinder verteilt zu haben. Aber auch ein von Mauss als weiterer Zeuge ins Feld geführter kolumbianischer Kardinal kann die Angeben des Agenten a.D. zum Fonds nicht bestätigen. Er erklärte schriftlich gegenüber dem Gericht, er habe mit dem Fonds nichts zu tun gehabt.
Die als Zeugin geladene Steuerfahnderin N., selbst mit den Ermittlungen gegen Mauss befasst, untermauerte die Anklage. Sie erklärte, dass bei der Haussuchung in Altstrimmig aufgrund einer als „geständige Einlassung“ gewerteten Erklärung des Steuerberaters von Werner Mauss alle vorgefundenen Safes ungeöffnet blieben, von den Computer bezogene Daten gelöscht und bereits beschlagnahmte Unterlagen wieder zurück gegeben worden bzw. im Hause Mauss verblieben seien. Dieses Vorgehensweise sei üblich, wenn der Steuerpflichtige sich bereit erkläre, an der Aufklärung der erhobenen Vorwürfe mitzuwirken. In den ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen finde sich „kein Wort“, welches die von Mauss und seiner Verteidigung behauptete „Treuhand“-Version untermauere. „Treuhandvermögen“ – der Begriff sei nicht genannt worden.
Im Gegenteil, sie habe, so die Steuerfahnderin – noch nie erlebt, dass für eine Stiftung eine solch detaillierte Erbfolgeregelung erstellt worden sei wie im Fall Mauss.
Das Verfahren wird unter dem Aktzeichenzeichen (II-2 KLs 8/16) geführt. Die Terminplanung ist ebenfalls mit Hilfe dieses Aktenzeichen auf der Seite des Landgerichts Bochum zu finden.
Der Text erschien heute auch im taz-terrorismusblog “Sauerländische Erzählungen” von Annette Hauschild, Textübernahme mit herzlichem Dank an den Verfasser für die Gestattung.
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