Jutta Specht flötet heute im General-Anzeiger den Investorensprech von Bonava. Als bezahlte Anzeige hätte die Seite den Investor rund 17.000 Euro gekostet, + 19% MwSt., das nennt man professionelle Öffentlichkeitsarbeit. Ja, der Investor war und ist clever, er kann sich die Hände reiben. Bevor überhaupt alles fertig gebaut ist, hat der erste Bauabschnitt schon zum ersten Mal den spekulativen Besitzer gewechselt. Dass der planende und bauende Architekt die Trommel für sich rührt und Freiheit von der Bürokratie wünscht, geschenkt. Wer wünscht sich das nicht?
Es ist auch für die Allgemeinheit erfreulich, dass hier mehrere hundert Wohnungen gebaut werden. Der Bedarf ist eindeutig. Es ist auch für Beuel gut, es wächst, es bringt mehr Nachfrage für Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleister, Arbeitsplätze.
Was nicht gut ist, dass es viel zu langsam voran geht mit preisgünstigen Wohnungen. Im Bonner Rathaus wird schon seit langem intensiv darüber gedacht und geredet, was dafür spricht, dass die Wohnungsnot der Schlechterverdiener*innen (Kinderreiche, Alleinerziehende, Behinderte, arme Alte u.v.m.) dort langsam auch bei Parteien angekommen ist, die nicht dafür bekannt sind, sich für solche einzusetzen. Es muss mehr Tempo rein, denn was die Politik verschleppt, wird die Verwaltung anschliessend eher nicht beschleunigen. Die Vebowag als kommunales Wohnungsunternehmen muss gestärkt werden, nicht nur mit Kapitalspritzen, die sie schon bekommen hat, sondern auch mit Rückenwind. Sie ist nicht in allen Teilen, aber an der Spitze gut geführt, mit schnelleren und strafferen Reaktionszeiten als die meisten städtischen Ämter. Sie muss bei allen Planungsvorhaben ein Zugriffsrecht bekommen, die Verwaltung muss sie als unser Unternehmen, was sie objektiv auch ist, begreifen und bevorzugen. Sie ist der größte und derzeit auch einzige Akteur für sozialen Wohnungsbau in Bonn. Ihn zu fördern würde nicht zuletzt städtische Sozialausgaben einsparen, nämlich bei den Mietkosten für HartzIV-Empfänger*inne*n – es handelt sich hier um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag jährlich im städtischen Haushalt. Es ist nicht einzusehen, dass diese Ausgaben auf privaten Vermieterkonten landen, die sich nicht selten einen Dreck um diese Wohnungen kümmern, weil es ja nicht die Bewohner*innen sind, die die Mieten zahlen, sich aber umso sicherer auf den Zahlungseingang durch die Stadt verlassen können. Der Stadtverwaltung “fehlt” wiederum “das Personal”, um den Zustand der bezahlten Wohnungen zu prüfen und ggfls. die Miete zu mindern. Ein Vermieterparadies.
Marktwirtschaft und Privateigentum auf dem Wohnungsmarkt sind nicht die Lösung, sondern das Problem. Gucken Sie mal hier, wie es da zugeht – wie lange wollen wir dabei zuschauen? Eigentum an Grund und Boden und der Umgang damit sind eine Sache der ganzen Gesellschaft, nicht von wenigen Eigentümer*innen oder Investmentfonds. Sie gehören in kommunale demokratische Herrschaft. Hier muss die Bundespolitik eingreifen. Was sagt der Kandidat Schulz dazu? Nicht nur der Wohnungsmarkt, sogar die landwirtschaftlichen Flächen sind schon längst der Wilde Westen für gefrässige globale Finanzinvestoren und Glücksritter. Wenn demokratische Politik dabei nur hilflos zuschaut, sich also abmeldet, darf sie sich nicht wundern, wenn die Wähler*innen das auch tun. Oder gehört das zur “asymmetrischen Mobilisierung” der Bundeskanzlerin?
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