Vor einigen Wochen berichtete mir eine gute Freundin von einem Zusammenstoss am Fusse des Kölner Doms mit ein paar Europa-Verrückten. Sie, Betriebsrätin in der Kulturwirtschaft, ehrenamtlich in der Flüchtlingssolidarität aktiv, habe sie u.a. gefragt, ob sie noch nie was von der Verarmung in Griechenland oder ersaufenden Flüchtlingen im Mittelmeer gehört hätten. Ich recherchierte nach ihrem Bericht ein wenig im Internet, welche Sekte das gewesen sein könnte, und stiess so zum ersten Mal auf “Pulse Of Europe”.
Meine Freundin beruhigte ich danach: keine Evangelisten, auch keine rechten Spinner, vermutlich nur etwas verwirrte Bürger*innen, die sich nicht genug in die komplexe widersprüchliche Materie vertieft haben, aber auch nichts Böses im Schilde führen.
Seitdem sind die Aktionen dieses Vereins von Woche zu Woche größer geworden und viele haben sich bereits kritisch an ihnen abgearbeitet. Beispielhaft erwähne ich hier die Kollegen von den nachdenkseiten.de, für ihre linienpolizistische Unerbittlichkeit bekannt, oft haben sie auch Recht, nur dass Rechthaben allein selten politisch weiterführt.
So ist es auch bei der Auseinandersetzung mit “Pulse Of Europe”. So erfuhr ich zwischenzeitlich, dass meine Essener Verwandten, ebenfalls in der Flüchtlingssolidarität aktiv bei der Organisation von Sprach- und Schulunterricht und gegen die Lügen des ehemaligen Sozialdemokraten und heutigen Rechtsaussen-Talkshow-Promis Guido Reil, bereits mehrmals an den “Pulse Of Europe”-Aktionen in Essen teilgenommen haben.
Für mich zeigt das, dass die Bevölkerungsmehrheit, die guten menschenfreundliche Willens ist, in den letzten Monaten von politischen Megafonen in Gestalt sie vertretender Parteien, Medien und Organisationen abgeschnitten war, weil die sich alle den Diskurs und seine Themen von den rechten Rattenfängern diktieren liessen. Und jetzt in “Pulse Of Europe” endlich eine Gelegenheit zu öffentlicher Artikulation von Gegenmacht gegen Rechts sehen. Die strategisch klug analysierenden Wirtschaftsanwälte in Frankfurt/M., die den Verein gegründet haben, haben zielsicher eine politische Marktlücke besetzt, die viele andere von Links und ganz Links wie so oft in der deutschen Geschichte verpeilt haben.
Sebastian Weiermann, der journalistisch beste Kenner der rechtsradikalen Szene im Ruhrgebiet, sieht es daher in seinem Beitrag für die Jungle World komplett richtig. Hingehen, diskutieren, überzeugen – denn da stehen und demonstrieren keine Idioten und Arschlöcher, sondern unabhängige Menschen, die was politisch sinnvolles tun wollen und danach suchen.
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