von Andreas Zumach
Immer mehr Staaten halten sich an das Verbotsabkommen. Doch Firmen investieren in die Streubomben-Produktion und die Opferzahl steigt.

Die Investitionen der Allianz Versicherung und der Deutschen Bank in ausländische Hersteller international geächteter Streubomben sowie die Weigerung der Bundesregierung, solche Investitionen zu verbieten, stoßen zunehmend auf Kritik. Bei der diesjährigen Genfer Vertragsstaaten-Konferenz der 2010 in Kraft getretenen Oslo-Konvention zum Streubombenverbot bezeichneten nicht nur VertreterInnen von Nichtregierungsorganisationen, sondern auch DiplomatInnen das Verhalten der Bundesregierung und der deutschen Unternehmen als vertragswidrig.
Die bisher von Deutschland und 101 weiteren Staaten ratifizierte Konvention verbietet explizit Einsatz, Lagerung, Export und Produktion von Streumunition. Zwar werden Investitionen in die Herstellung in Nicht-Vertragsstaaten nicht ausdrücklich verboten. Doch heißt es in dem Abkommen: „Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, unter keinen Umständen jemals (…) irgendjemanden zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind.“

„Einem Unternehmen, das diese menschenverachtenden Waffen produziert, Geld zur Verfügung zu stellen, ist definitiv eine Ermutigung“, erklärte Eva-Marie Fischer von Handikap International. Die Bundesregierung solle „endlich dem Beispiel anderer Staaten folgen – darunter Belgien, Luxemburg, Schweiz, Niederlande und Italien –, die Gesetze zum Investitionsverbot verabschiedet haben“. Entsprechende Initiativen der Opposition im Bundestag scheiterten in den letzten Jahren am Widerstand der Großen Koalition.
Die Allianz und ihre Tochterfirmen investierten allein seit Juni 2013 72 Millionen US-Dollar in zwei Hersteller von Streubomben: Südkoreas Konzern Poongsan sowie den US-Konzern Orbital ATK. Die Deutsche Bank hält noch diverse kleinere Investments sowie eine Beteiligung von 20 Millionen Euro beim US-Konzern Textron.
Zwar setzen immer mehr Staaten ihre Verpflichtungen aus dem Verbotsabkommen um. Doch verdoppelte sich in den letzten zwölf Monaten die weltweit registrierte Zahl der Opfer im Vergleich zum Vorjahr – vor allem in Folge des Einsatzes von Streumunition in Syrien und im Jemen.
Dies geht aus dem Streubomben Monitor 2017 hervor, den die NGO-Allianz „Cluster Munition Coalition (CMC)“ bei der Genfer Konferenz vorlegte. Fast alle Opfer waren Zivilisten. Allein in Syrien wurden 860 Menschen durch Streumunition getötet oder verletzt, die meisten während der Angriffe. Laut Monitor gab es zwischen August 2016 und Juli 2017 mindestens 238 Streubombeneinsätze in Syrien.

Dieser Beitrag ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.

Über Andreas Zumach:

Andreas Zumach ist freier Journalist, Buchautor, Vortragsreferent und Moderator, Berlin. Von 1988- 2020 UNO- Korrespondent in Genf, für "die tageszeitung" (taz) in Berlin sowie für weitere Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehanstalten. Seine Beiträge sind in der Regel Übernahmen von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.