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Grüne Ratsfraktion – “es war immer so”

Paradiesische Zustände in der Bonner Ratsfraktion der Grünen. Sie konnte es sich gestern leisten, mit 15:7 Stimmen dieses Angebot abzulehnen:

Annette Standop
Liebe Ratsfraktion,
ich bewerbe mich heute für das Amt der Fraktionssprecherin.
Wir stehen in der Mitte der Wahlperiode. Es ist Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Zeit aber auch, um nach vorne zu schauen, durchzustarten und die ersten Weichen zu stellen für das Kommunalwahljahr 2020.
Als GRÜNE haben wir in Bonn in den letzten drei Jahren politisch viel erreicht. Hier nur einige Beispiele:
 Wir GRÜNE haben in der Koalition klare Grenzen für eine städtische Beteiligung am Festspielhaus-Betrieb ausgehandelt, die dazu geführt haben, dass es nicht gebaut wurde – eines unserer zentralen Themen im vergangenen Kommunalwahlkampf.
 Das WCCB konnte durch GRÜNES Engagement fertiggestellt werden und läuft heute erfolgreicher als erwartet.
 Nach 30 Jahren Stillstand haben wir die Neugestaltung von Südüberbauung und Nordfeld verabschiedet.
 Durch GRÜNE Standfestigkeit konnte die Shopping Mall im Viktoriaviertel gestoppt und eine Bürgerwerkstatt initiiert werden.
 Wir haben bei der zurückliegende OB-Wahl ein sensationelles Ergebnis erreicht und sind erstmalig fast in die Stichwahl gekommen.
 Mit der Besetzung der Dezernatsleitung für Planung und Umwelt haben wir eine Voraussetzung geschaffen für nachhaltige, ökologisch orientierte Verkehrs- und Stadtplanung.
 Die OGS-Plätze werden auf GRÜNE Initiative hin qualitativ gesichert und quantitativ ausgebaut.
 Durch GRÜNE Beharrlichkeit und inhaltliche Vorarbeit konnten wir nach langen Verhandlungen das Bonner Baulandmodell auf den Weg bringen.
Diese Bilanz ist erfreulich.
Wir dürfen uns aber nicht darauf ausruhen, es gibt weiterhin viel zu tun.
Zudem erleben wir, dass es in dieser Koalition anstrengend und nicht selbstverständlich ist, unsere GRÜNEN Ziele und Projekte durchzusetzen.
Die zwei in der vorletzten Ratssitzung gegen unser Votum verabschiedeten Bebauungspläne zeigen dies exemplarisch. Je nach Fachbereich stimmt die „Chemie“ zwischen den Koalitionspartnern mehr oder aber weniger, was sich unmittelbar auf die Leistungsbilanz der jeweiligen Bereiche und die politische Wirkung nach außen auswirkt.
Und intern unter uns erfahren wir immer wieder Spannungen und Reibungsverluste. Auch darunter leiden unsere Außendarstellung und die Wertschätzung unserer Arbeit bei der Bonner Bevölkerung.

Wir müssen uns die Frage beantworten, warum wir unsere Erfolge selbst oft nicht ausreichend wahrnehmen und vor allem, wie wir sie zukünftig besser nach außen vermitteln wollen.
Ich bewerbe mich heute als Fraktionssprecherin, weil ich mit euch unseren Erfolg ausbauen und selbstbewusst vertreten möchte.
Dafür stehe ich, das will ich umsetzen und dafür bitte ich um eure Unterstützung: Geben wir als GRÜNE Ratsfraktion den Wähler*innen einen guten Grund, uns 2020 bei der Kommunalwahl zu stärken, indem wir in enger Abstimmung mit dem Kreisverband
das tun, was wir am besten können: kompetent und fachübergreifend unsere Anliegen ausarbeiten und politisch durchsetzen, wie beim Thema Wohnungsbau geschehen,
 als Koalitionspartner auf Augenhöhe selbstbewusst, sachorientiert und kritisch GRÜNE Politik umsetzen,
 unsere Zusammenarbeit, unseren menschlichen Umgang miteinander und unser Außenbild verbessern sowie
 uns wieder enger mit denen verbinden, die uns stark gemacht haben – mit den Bürgerinitiativen, Vereinen und freien Trägern, mit denen wir seit vielen Jahren gut zusammenarbeiten.

Los geht’s: Wir können noch wesentlich mehr erreichen
In den kommenden Jahren wollen wir weitere GRÜNE Kernprojekte verwirklichen. Einige dieser Projekte können beispielsweise sein:
Fahrradhauptstadt Bonn: Mit der Einführung eines Fahrradverleihsystems sind wir auf einem guten Weg, aber das reicht noch nicht. Wir wollen das Fahrradwegenetz ausbauen sowie Fahrradschnellwege als West/Ost- bzw. Nord/Süd-Verbindungen ins Umland einrichten. Damit leisten wir einen wirksamen Beitrag zur Luftverbesserung und schützen die Stadt vor dem Verkehrskollaps.
Nachhaltiges Bonn: In seiner Rede zur Eröffnung des WCCB hat der damalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon Bonn als „UNO-Welthauptstadt für Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ bezeichnet. Was für eine Steilvorlage für GRÜNE Politik! Das gibt uns unseren Koalitionspartnern gegenüber den Schub für die Gestaltung von Bonn als Biostadt, als Zentrum für Nachhaltigkeit und Vorbild in Sachen Klimaschutz.
Bonn, Stadt für alle: Es gibt noch viel zu tun. Ausbau der Kinderbetreuung, die Verbesserung der Lebensqualität alter Menschen, die umfassende Integration der Geflüchteten, konsequente Bekämpfung der Kinderarmut, Bereitstellung von Wohnraum für alle, eine Fortschreibung des Behindertenpolitischen Teilhabeplans und viele andere gesellschaftspolitische Themen – sie alle stehen in den kommenden Jahren auf der Agenda. Beste Chancen, diese Themen GRÜN zu besetzen.

Warum ich? Was ich für dieses Amt mitbringe:
 Begeisterung für GRÜNE Inhalte und Werte
 (gelegentlich auch kritische) Loyalität und Zutrauen zu den Potenzialen der einzelnen
Fraktionsmitglieder
 Kritikfähigkeit, Konfliktstärke und Verbindlichkeit im Umgang
 Fähigkeit zur Moderation von Entscheidungsprozessen und zur Einbindung unterschiedlicher
Interessen/Meinungen
 Seit 1993 aktive Mitarbeit in Parteien und verschiedenen Non-Profit-Organisationen
 gute Vernetzung in Partei, Politik und Verwaltung in Bonn und darüber hinaus
 25 Jahre Führungserfahrung in unterschiedlichen Funktionen
 umfassende Erfahrung mit Verhandlungsführung und Projektarbeit
 gesundheitliche Stabilität
 als Freiberuflerin große zeitliche Flexibilität und Verfügbarkeit auch tagsüber

Annette Standop, Jahrgang 1968, Gestalttherapeutin und ProvokativCoach in eigener Praxis, GRÜNE (seit 2009), Mitglied der Ratsfraktion (seit 2010), Stadtverordnete (seit 2014), sozialpolitische Sprecherin Mitglied im Fraktionsvorstand (seit 2015) Mitglied der LAG Soziales, Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik, NRW-Delegierte zur BAG Behindertenpolitik
Weitere Mitgliedschaften (Auswahl): BUND e.V., UN Women Deutschland e.V., Weibernetz e.V., ver.di (mediafon), UnternehmensGrün Bundesverband der grünen Wirtschaft e.V.

Die Grüne Ratsfraktion zog dieser Bewerbung die Wiederwahl von Brigitta Poppe vor. Sie war vor drei Jahren als Gegenkandidatin von Doro Pass-Weingartz gewählt worden. Manche führten seinerzeit dafür den “notwendigen Generationswechsel” ins Feld, aber das war wohl nicht so ernst gemeint.
Denn um die Nachfolge von Peter Finger als Fraktionssprecher bewarb sich der jüngste Stadtverordnete Tim Achtermeyer (mit 8:13 gegen Hartwig Lohmeyer) ebenfalls erfolglos.

In der Zeit, als Poppe, Lohmeyer und ich Grüne wurden, hatte die Partei noch, wie ich damals fand, spinnerte Vorstellungen von Amtszeitbegrenzungen (“Rotation”), Trennung von Amt und Mandat, Vermeidung von Ämterhäufungen. Manche in der CDU träumen heute wieder davon, um die Merkel endlich irgendwie loszuwerden. Aus dem Alter sind die Grünen raus.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Roland Appel

    Ja, die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche. Was Brigitta Poppe und Hardy Lohmeyer als Zukunft der Grünen auszeichnet, erschließt sich mir nicht. Bei der nächsten Kommunalwahl werden sie beide etwa 63 sein. Oma und Opa Spitzenkandidatin? Es wäre Zeit für beide gewesen, mit Blick auf die nächsten Kommunalwahlen junge Talente zu fördern und sich selbst in die 2. Reihe zurück zu ziehen. Das wäre machtpolitisch klug und kommunalpolitisch weitblickend gewesen. Durch ihre Kandidatur haben beide gezeigt, dass sie beides nicht sind – weder klug, noch weitblickend. Nur eitel, selbstverliebt und gegenüber der eigenen Ämterhäufung distanzlos. So richtige “Fundis” eben. Dass der Rest der Fraktion da mehrheitlich mitgespielt hat, spricht weder für deren Qualität, noch Weitblick. Und solche Leute wollen unseren Planeten retten?

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