von Rainer Bohnet
Als aktiver Gewerkschafter liegt es mir fern, Gewerkschafts- und/oder Betriebratsbashing zu betreiben. Wir brauchen starke Gewerkschaften und möglichst viele Betriebsräte, vor allem in mittelständischen und Kleinbetrieben. Denn die Großkonzerne sind bereits bestens versorgt. Im wahrsten Sinne des Wortes.
“VW kürzt die Gehälter der Betriebsräte”, titelt die Presse. Hintergrund ist ein Untreueverdacht gegen Topmanager des VW-Konzerns, die hohe Zahlungen an Betriebsräte getätigt haben. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Spitzenmanager die Betriebsräte gefügig machen wollten. Bei den Zahlungen sprechen wir nicht über Peanuts. So hat der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats der Volkswagen AG, Bernd Osterloh, zeitweise bis zu 750.000 EUR im Jahr erhalten. Bislang lag sein Jahresverdienst bei rund 200.000 EUR und rückwirkend ab 01. Dezember 2017 soll es nur noch 96.000 EUR jährlich betragen.
Habe ich in meinem Leben etwas falsch gemacht? Oder war ich an der falschen Stelle tätig? Ich war mal Mitglied des Gesamtbetriebsrats der Deutschen Bahn AG, dem größten Verkehrsunternehmen Europas, und für 300.000 Kolleginnen und Kollegen zuständig. Leider ging jegliche Beförderung oder eine Bonuszahlung an mir vorbei. Der einzige Unterschied zum Konzernbetriebsrat des Autobauers VW war, dass ich Beamter war. Und diesen darf aus beamtenrechtlichen Gründen keine Bonuszahlung gewährt werden.
Grundsätzlich gilt bei Betriebsräten die Prämisse der Augenhöhe zum Verhandlungspartner auf der anderen Seite des Tisches. D.h., es sollte “Waffengleichheit” zwischen Betriebsrat und Vorstand oder Geschäftsführung herrschen. Die ist bei VW offenbar erst dadurch sichergestellt, wenn führende Betriebräte vergleichbar mit einem Mitglied der mittleren Führungsebene unterhalb der Marken- und Konzernvorstände bezahlt werden.
Der VW-Konzern ist ein Negativbeispiel für eklatante Fehlentwicklungen, die in diesem Jahr und in der Vergangenheit die Schlagzeilen gefüllt haben. Unter Peter Hartz, dem Schöpfer der Hartz-Gesetze und damals Personalvorstand von VW, wurden Betriebsräte zu zwielichtigen Lustreisen eingeladen. In diesem Jahr kam der Dieselskandal ans Licht und jetzt kurz vor Weihnachten erfährt man eher beiläufig, dass Herr Osterloh zeitweise in jedem Monat 57.692 EUR auf dem Lohnzettel hatte.
Solche Auswüchse müssen umgehend gestoppt werden. Da sollten sich selbstverständlich die Betriebsräte und die sie tragenden Gewerkschaften an die eigene Nase fassen. Denn durch die exorbitant hohen Verdienste verlassen sie zwangsläufig die Basis der gewerkschaftlichen Solidarität, die die deutschen Gewerkschaften eint. Denn Betriebsräte anderer Branchen schütteln nur noch den Kopf und müssen sich tagtäglich einem Bashing neoliberaler Arbeitgeber erwehren.
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