Sie hassen die Fussballfans und lieben seine Bosse
Das unaktuelle Sportstudio, das das von uns allen bezahlte ZDF wöchentlich präsentiert, ist mir fast lebenslänglich ein Ärgernis. Den hier zu beschreibenden Fall kann ich als neutraler Gladbach-Fan verhältnismässig gelassen beschreiben. Es geht um die andere Borussia, die mglw. bundesweit die meisten Fans hat, auf jeden Fall die grösste Stehtribüne Europas im Westfalenstadion, weil sie dem mehrheitlich verhassten Fussballkonzern aus dem süddeutschen Raum so lange sportlich Paroli geboten hat.
In der Vorwoche hatte das unaktuelle Sportstudio den vielleicht derzeit mächtigsten Fussballoligarchen Deutschlands zu Gast, den der Konzern aus dem westfälischen Raum, die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA, jetzt gerne zum kommerziellen Machtzentrum des Weltfussballs, der Uefa im schweizerischen Nyon, expedi- und exportieren würde: der Merz-Spezi Hans-Joachim Watzke. Wer von den beiden mit dem andern gerne tauschen würde? Ich tippe, Merz wäre lieber Watzke, als umgekehrt. Aber ich schweife ab …
Die Studiosituation vor einer Woche war so, dass die adelige Moderatorin von und zu Hohenstein sich ausnahmsweise mal journalistische Fragen ausgedacht hatte. Oder jemand in der Redaktion hat es für sie gemacht (halte ich für wahrscheinlicher). Dass sie eine substanzielle Antwort von dem Herrn Watzke bekommen würde, war aussichtslos, weil der ein paar billige Pointen abfeuerte, und die (organisierten und vorbereiteten) Claquere im Studiopublikum den Rest besorgten. Die adelige Prinzessin war darob so eingeschüchtert, dass sie auf keine einzige ihrer Fragen zu insistieren versuchte.
Als Finanzier des ZDF wende ich hiermit ein:
Ich habe aber Journalismus bestellt
Die Verhohnepipelung seines Publikums trieb das ZDF gestern noch weiter auf die Spitze. Erhielt immerhin dafür eine gerechte Einschaltquotenstrafe. Ich frage mich nur: die können nicht so doof sein. Die wissen das doch. Werden ihre Spitzenleute von den Pay-TV-Oligarchen – Marktführer in Deutschland nach dem Abtritt des Trump-Machers Rupert Murdoch nun dieser grundsympathische Mr. Blavatnik – querfinanziert?
Gestern hatte das ZDF mal wieder einen breitgetretenen Samstagabend-Show-Quark – über drei Stunden lange Langeweile mit unter 3 Mio. Zuschauer*inne*n (von 85). Da schaffte sogar der mittelmässige ARD-Krimi mehr.
Durch diesen Showquark startete das Unaktuelle Sportstudio erst nach 23.30 h. Weil das selbst dem ZDF etwas peinlich ist, bietet es den Zuschauer*inne*n unter 70 die gleiche – längst aufgezeichnete – Sendung in seiner Mediathek schon um 22.30 h an. Die Älteren, die mit Mediatheken nicht umgehen können, sind dann schon im Bett. Blieb noch gut 1 Mio., die es linear zu glotzen bereit war.
Wenn darunter noch BVB-Fans waren, werden sie ihre TV-Kiste vor Wut aus dem Fenster geschmissen haben. Das angebliche “Spiel der Woche” – so nennen die was-mit-Medien-Oligarchen im Bündnis mit der DFL eine Partie des Tabellensechsten gegen den Tabellenzwölften – eröffnete nämlich das unaktuelle Studio gar nicht, wie es das sonst jede Woche tut. Denn begonnen wurde, nach dem üblichen Langweiler-Geschwätz mit den eingeladenen Studiogästen (einer aus Stuttgart und einer aus dem Eishockey), mit dem Spiel der unter Fussballfans am meisten verhassten Teams der Bundesliga in Leipzig, dessen “heisse” Nachricht war, dass der deutsche Fussballmeister theoretisch immer noch nicht deutscher Fussballmeister ist.
Jetzt sagen Sie mir doch mal bitte: wer wollte das gestern um 23.40 h wissen? Mehrere mir persönlich bekannte Fans haben dem BVB nach seinem Deal mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall – manche glauben ja, das sei ein deutscher = europäischer Rüstungskonzern, haben wir gelacht – abgeschworen. Sie haben hoffentlich gestern Abend gut geschlafen (wie ich). Die Übrigen sind vor Wut im Wohnzimmer auf und ab gelaufen, haben Flüche auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen ausgestossen, und sich noch ein Bier aus dem Kühlschrank geholt. Denn der Sendeauftrag des ZDF ist offenbar, dem Mr. Blavatnik Abonnements über den Tisch zu reichen … Steht bestimmt im ZDF-Staatsvertrag, suchen Sie mal die Stelle …
Update abends
Gerechte Strafe für die fanfeindliche TV-Oligarchen-gerechte Spieltagsgestaltung: der wie immer siegreiche Fussballkonzern aus dem süddeutschen Raum – hat noch jemand mitgezählt? – konnte den Titel nicht mit dem ganzen Team im Stadion feiern, sondern jeder Einzeln “auf dem Sofa”. Langweiliger (und TV-ungerechter 😉 ) geht es nicht. Auch eine Art Gerechtigkeit …
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