Seit neununddreißig Jahren – mehr als mein halbes Leben lang – schaue ich als emanzipierter, linker Liberaler nun zu, zunächst, wie im Iran nach der Diktatur des Schah Reza Pahlevi die Menschen unterdrückte und folterte. Wie seiner Diktatur dann die der durchgeknallten Mullahs folgte, die die Menschen unterdrücken und foltern. Und was ich da sehe, kotzt mich nur an. Schwule, Frauen, die sich nicht vermummen, politisch bewusste Demokraten, Künstler und einfach unliebsame Bürger werden verfolgt. Unvergessen der internationale Mordaufruf gegen Salman Rushdie, weil dieser wagte, sich gegen das totalitäre Verständnis von hirnamputierten Religionsextremisten zu wenden, für die es nichts anderes gab, als den Aberglauben an Mohammed oder Allah oder wem auch immer, für den sie bereit sind, Mord, Terror und Totschlag einzusetzen. Kein Zweifel, die Typen mit Turban, Bart in schwarzen und grauen Säcken, die den Iran regieren, sind totalitäre Schweine. Allerdings totalitäre Schweine unterschiedlicher Brutalität und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem eigenen Volk. Sie behindern die Freiheit und Entwicklung ihrer Bürger unterschiedlich brutal. Deshalb ist Rohani ein besserer Wahldiktator als sein Vorgänger Achmadineschad und auch als Ajatollah Chamenei, der Oberschiit und Oberdrecksack des Iran. Hätte ich diese Zeilen mit Wohnsitz in Theheran aufgeschrieben, wäre ich vermutlich bereits tot oder würde in den Kellern des Geheimdienstes gefoltert.
Trotzdem: Die Europäische Union hat mit ihrer Politik gegenüber dem Iran genau das richtige getan: Wandel durch Annäherung, Kooperation durch Handel sind die von Willy Brandt und Egon Bahr in der Ostpolitik geprägten Strategien, die bis heute ihre Richtigkeit haben. Trumps Politik der Hetze gegen die Mullahs ist genau das, was die von ihm erwarten. Aber was will man von einem Präsidenten mit vermutlichem IQ unter 70 chon erwarten? Welche Chancen hat eigentlich unter den Bedingungen der heutigen Technik, die auch den Diktatoren wie den Iranischen Koranfetischisten von westlichen IT-Konzernen gerne verkauft wird, eine demokratische Bewegung?
Aus den Unruhen von 2009 im Iran ist bekannt, dass die damaligen, viel ausgedehnteren Aufstände, die über “soziale Netzwerke” organisiert wurden, auch mit Hilfe derselben “asozialen Netzwerke” unterdrückt wurden. Der Chaos Computer Club hat nachgewiesen, dass der iranische Geheimdienst, der einst dem Schah, heute den Mullahs zu Diensten foltert, sich mittels Fake-Identitäten auf Facebook in die Netze des politischen Widerstandes der Opposition infiltriert hat. Zuckerberg hat diesem Treiben zugesehen und keinen Einhalt geboten. Damit hat er sich schuldig gemacht. Diese Dimension von Facebook ist bisher in der Gechichtsschreibung weggefallen. Man stelle sich vor, Facebook hätte es schon 1938 gegeben und den Nazis zur lokalisation von Juden gedient!
Im Iran werden Handynetze überwacht, GPS-Positionen von Oppositionellen erfasst und mit modernster Technik wie IMSI-Catchern, die russische Anbieter auch auf Sicherheitsmessen in Deutschland anbieten, werden Oppositionelle anhand ihres Standorts ausgemacht, abgehört und festgenommen. Drohnen- und Satellitendaten erlauben es dem Regime, seine Gegner minutiös zu orten, Opposition zu observieren und jegliche Kommunikation mit Smartphones zu erfassen – nebst Standort und Bewegungsprofilen der Betroffenen. Der iranische Geheimdienst weiss zehn mal so viel über die Oppositionellen, wie sich der GPU Stalins jemals hätte träumen lassen.
Als die Herrschaft des autoritären Diktators Reza Pahlevi zu ende ging, haben ihn Demonstranten und der im Exil lebende Ajatollah Chomeini abgesetzt, weil die historische Situation der Unterdrückung, der sozialen Ungerechtigkeit und der Meinungsfreiheit unterträglich wurde. Die Herrschaft der religiösen Unterdrücker des Volkes, der Wirtschaft und jegicher Kreativität eines Volkes, das einst ein Weltreich erschuf, das heute im nahen Osten eine prosperierende Volkswirtschaft mit viel Ölmilliarden im Rücken sein könnte, wenn da keine religiösen Sektierer am Werke wären, die innen- und außenpolitisch die Suppe des Mittelalters kochen, wird durch moderne Technik auch solcher “made in Germany” am Leben erhalten. Es wird elektronisch immer einfacher, Demonstranten zu erfassen, zu zerstreuen und Konflikte mit Oppositionellen durch Abschreckung zu unterdrücken. Was wäre wohl passiert, wenn die StaSi 1989 über diese Technik verfügt hätte? Das sollte uns nachdenklich machen, welche Technik wohin geliefert werden sollte. Ich bin gespannt, ob ich es noch einmal erleben werde, dass Unterdrückte ihre Diktatoren abschütteln. Der Iran deprimiert mich zutiefst.
Etwas kühler (und ausgeschlafener 😉 ) wieder Rainer Hermann in der FAZ:
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/iranische-regime-kontert-mit-gegendemonstrationen-15372506.html
Hier ausserdem ein Interview mit Mehran Barati (Schwiegervater von Joseph Fischer) in den Nürnberger Nachrichten:
http://www.nordbayern.de/politik/zorn-im-iran-es-geht-in-eine-radikale-richtung-1.7057841?rssPage=bm9yZGJheWVybi5kZQ==