Führt an einer Europa-Liga noch ein Weg vorbei? Was elektrisiert die Masse der Fans noch, ausser Champions-League (die aber auch erst jetzt, in ihrer KO-Phase)?

Ein Überblick über die grossen und mittelgrossen europäischen Fußball-Ligen ergibt, dass ganze sechs noch interessant ist. Bei zwei Dritteln herrscht bereits das große Gähnen. In Italien (Napoli oder Juve), Türkei (Erdogan-Club Basaksehir oder die drei grossen Istanbuler), Portugal (Porto, Benfica oder Sporting), Dänemark (Midtjylland oder Bröndby), Polen (Legia, Bialystok oder Posen), und Rumänien (Cluj oder Bukarest) ist die Meisterschaftsfrage noch offen. In Portugal und der Türkei sind es die alljährlich wiederkehrenden Vereine, eine geschlossene Kaste, die den Wettbewerb seit Jahrzehnten unter sich ausmacht.

Dagegen:
Beim WM-Gastgeber Russland hat Spitzenreiter Lok. Moskau bereits 8 Punkte Vorsprung.
Serbien: Roter Stern 9 Punkte vor Partizan, weitere 9 vor Nis.
Kroatien: Dinamo Zagreb 9 Punkte vor Split, nachdem es sein Heimspiel gegen die soeben 0:1 weggegeben hat.
Tschechien: Pilsen 14 Punkte vor Olmütz.
Schottland: Celtic 9 Punkte vor Rangers und Aberdeen.
Österreich: Brause Salzburg 7 Punkte vor Graz, weitere 8 vor Admira Wien.
Belgien: Brügge 11 Punkte vor Charleroi.
Niederlande: PSV 5 Punkte vor Ajax, weitere 7 vor Alkmaar.
Frankreich: PSG 10 Punkte vor Monaco.
England: ManCity 16 Punkte von ManU.
Spanien: Barca 7 Punkte vor Athleti, weitere 9 vor Valencia, Real mit 17 Punkten Rückstand.
Deutschland mal wieder Weltmeister: 19 Punkte Vorsprung des Spitzenreiters vor dem Rest.

Es mag ja sein, dass ein Oligarch Freude an einem Spielzeug voller junger Männer entwickeln kann, dass sich also immer charakterlich zweifelhafte Investoren finden, die dann in einen Wettbewerb miteinander treten, wer den Längeren hat. Ein ökonomisch nachhaltiges Entertainment-Business lässt sich mit dieser Langeweile nicht entwickeln.
Wenn der Fußball in seinen Wettbewerben der Klassengesellschaft freien Lauf lässt, dann wird er als Sport von seinem Kapital totgeschissen. Kein schöner Anblick.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net