Jürgen Trittin gab heute morgen dem Deutschlanfunk (DLF) ein Interview zu den kurz aufeinanderfolgenden Staatsbesuchen von Monsieur Macron und Frau Merkel bei Donald Trump. In meinen Augen beschreibt Trittin die Gemengelage zutreffend. Es gibt ein paar beachtenswerte Feinheiten und einige Ergänzungen zum besseren Verständnis.
Die Feinheit ist, dass Trittin die Erdgasleitung Northstream 2 von Russland nach Rügen selbst erwähnt, aber nicht in seinen Parteivorsitzenden Baerbock und Habeck vergleichbarer Weise ablehnt, sondern sophistisch darauf hinweist, dass es Trumps Regierung ist, die die EU daran recht erfolgsträchtig zu spalten versucht. Die freundliche Interviewerin liess ihm das durchgehen, ohne genauer nachzufragen.
Die Gegenstrategie und das Eigeninteresse der USA ist, einen globalen Markt mit dazugehöriger Infrastruktur für LNG-Flüssiggas aufzubauen, und den selbstverständlich dann mittels ihres Fracking-Gases selbst zu beherrschen. Dazu gehören folgende Details, die im öffentlichen Diskurs derzeit kaum beachtet oder betont werden, den Damen und Herren Merkel, Macron und Traump aber gewiss bekannt sind.
Ein unschönes Detail ist der Mord an der maltesischen Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia. Sie war hinter einer Korruptionsaffäre der sozialdemokratischen Regierung Maltas mit dem aserbaidschanischen Alijew-Regime hinterher. Ein Bestandteil dieser Affäre: die Errichtung und Inbetriebnahme eines LNG-Flüssiggasterminals.
Aserbaidschan? Da ist doch gerade einiges. Die Korruptionsaffäre im Europarat z.B., Immobiliengeschäfte von Mr. Trump z.B. – und es ist garantiert keine Übertreibung, wenn die USA mit dem Grossexporteur von Öl und Gas Aserbaidschan auch energiestrategische Absprachen zum “beiderseitigen Nutzen” getroffen haben. Ein demokratisch und menschenrechtlich appetitlicherer Partner als Putin ist das Alijew-Regime so wenig, wie der reaktionär-wahabitische Feudalclan der Sauds im nach ihnen benannten Arabien. Dafür haben sie aber ein feines Näschen für Extraprofite, von der Rüstungsbranche bis zum Fußballentertainment.
Einer von Putins Oligarchen hat sich derweil in den fettesten Subventionsmarkt der EU eingeklickt, die Agrarindustrie. Er liefert nämlich die Energieversorgung für die nicht minder monopolistische Stickstoffdüngererzeugung der EU für die globale Industrie-Landwirtschhaft – lesen sie mal hier die FAZ-Reportage von Jan Grossarth, ein Mann der wirklich gut Bescheid weiss und informiert. Diese russische Machtposition wird Mister Trump gewiss auch nicht amüsieren; aber dafür werden Monsieur Macron und Frau Merkel in diesem Punkt sicher hartbleiben, für das Grosskapital, dessen Interessen sie zuverlässig vertreten.
Noch mal zurück zu den Immobiliengeschäften: war da nicht mal was zwischen Trump und der Deutschen Bank? Einer von Trumps Buddies bei Fox hat beim letzten Platzen der Immobilienblase in den USA exakt das gleiche Geschäftsmodell verfolgt, wie die Deutsche Bank: faule Hypotheken aufkaufen und vergolden, indem die pleitegegangenen Hausbesitzer*innen vertrieben wurden – ein Hinweis, den wir mal wieder Frauke Steffens (FAZ) verdanken.
Frau Steffens beschreibt ausserdem die wackelige innenpolitische Position, auf der Mister Trump derzeit wankt. Am 6. November sind die Midtermelections für Senat und Abgeordnetenhaus. Es sieht erfreulich schlecht für ihn aus. Aber das könnte ihn besonders gefährlich für uns alle machen.
Bei solchen Staatsbesuchen wird über viele Dinge gesprochen, über die sie uns nichts erzählen. Nur wenige dieser Dinge haben ich hier erwähnt. Es wird kontinuierlich versucht, Aussenpolitik dem Zugriff demokratischer Öffentlichkeit zu entziehen. Stattdesssen versuchen alle (!) Geheimdienste, sich intensiv damit zu beschäftigen. Dagegen müssen wir uns wehren.
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