von Gert Samuel
Die neue Fußball-Matrix, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018

Der Satz: „Die digitale Revolution verändert das Spiel selbst, das Scouting der Vereine und die Berichterstattung der Medien“ auf der Buchrückseite veranlasste mich, es zu kaufen und zu lesen. Was ist von der „Digitalisierung des Fußballs“ zu befürchten? Reicht nicht das mittlere Chaos, das mit den Ober-Schiris in Köln angerichtet ist? Geraten nun die Geschichten um das Spiel in eine Normung auf Basis von Nullen und Einsen?
Der Prolog reduzierte meine Befürchtungen. Das Champions-League-Endspiel von 2009, das Barcelona 3:1 gegen Manchester United gewann und bei dem der kleine Messi ein Kopfballtor (!) erzielte, ist der Opener. Doch der folgende Link zur Datenfülle rund um die Formel 1 und dem Verweis auf die Besitzer von Manchester City verunsicherten ein wenig. Wohin wird die Reise in diesem Buch gehen?
Christoph Biermann schreibt über Menschen, ungewöhnliche, eigensinnige und schräge Typen, die er nicht gesucht habe, die ihm fast automatisch begegnet seien, als er sich durch das neue Gebiet des digitalen Einflusses auf den Fußball bewegt habe. Es gehe auch jenen nicht um das Erklären – es gehe um das Verstehen-Wollen des Spiels. Biermann betont, dass ihn eigentlich seit je her vor allem die Underdogs interessieren und „vor allem jene, die gewitzt mit dieser Rolle umgehen“.
Das Buch wird so zu einer interessanten Reise an verschiedene Orte und zu unterschiedlichen Menschen, die oft als Quereinsteiger digitale Impulse zum besseren Verständnis des Fußballspiels liefern. Einiges klingt spannend und plausibel, anderes bleibt mir fremd. Es geht oft im Grunde darum, sich einen Vorteil für das Spiel zu verschaffen. Es ist illusorisch, aktuell und künftig ausschließen zu wollen, dass dafür Daten und die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden. Die Datenfülle, Algorithmen und der Einfluss der Digitalisierung insgesamt können ein Hilfsmittel sein, auch um das Spiel zu verbessern. Zugleich sieht der Autor die durch die Digitalisierung entstehende Gefahr, dass „sich die wirtschaftlichen Unterschiede einer segregierten Fußballgesellschaft zwischen Reichen und Habenichtsen durch Wissensunterschiede noch vergrößern“. Schließlich geht Biermann davon aus, dass die Zukunft im Fußball nicht einfach denen gehören werde, die über die Daten verfügen, „sondern jenen, die aus Informationen die besten Schlüsse ziehen“ werden.
„Daten erzählen eine Geschichte des Spiels – nicht die Geschichte, aber oft eine bessere als die übliche.“ Das erscheint als eine Quintessenz dieses Buches, das im Übrigen angefüllt ist mit kurzweiligen Darstellungen von und Informationen zu Vereinen, Trainern, Managern… – und das endlich aufräumt mit einer der großen Unwahrheiten des Fußballs: „Die Tabelle lügt nicht“, unter anderem am Beispiel der chaotischen Halbserie von Borussia Dortmund in der Saison 2014/2015.

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