Gemeinde will sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren
Von Klemens Roloff

Im Zuge der Finanzaffäre um das Bonner Münster muss eine weitere Einrichtung der Gemeinde schließen. Nach der Schließung des Münster-Ladens zum Ende des Monats, so der Bericht des Bonner General-Anzeiger (17. August 2018), stellt nun auch das Münster-Carré zum 31. Dezember 2018 seinen Betrieb ein. Unter den gegebenen Umständen sei der wirtschaftliche Betrieb als Tagungshaus nicht möglich, sagte der Vorstand der Münster-Kirchengemeinde St. Martin, Michael Bogen. Die Gemeinde ist Eigentümerin des Münster-Carrés. Ihr Entschluss, so Bogen, sei „nach intensiven Erörterungen mit dem Generalvikariat des Erzbistums Köln als Aufsichtsbehörde“ gefasst worden.

Die Gemeinde war zu Beginn des Jahres in die Schlagzeilen geraten, als bekannt wurde, dass in den Jahren 2009 bis 2014 in ihrer Vermögensverwaltung kirchliche Finanzmittel in Höhe von knapp zwei Millionen Euro unzulässig verwendet worden waren, unter anderem für den Betrieb des Münster-Carrés. Der Pfarrer der Gemeinde, Stadtdechant Wilfried Schumacher, war im Mai – vermutlich auf Druck des Kölner Generalvikariats – von seinem Amt zurückgetreten. Einige Politiker, darunter der ehemalige Bonner OB Jürgen Nimptsch (SPD) und der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU), hatten sich daraufhin mit dem Geistlichen solidarisch erklärt und an die Adresse des Generalvikariats öffentlich ihr Befremden bekundet.

Die Tätigkeit des 2009 nach anderthalb Jahren Bauzeit eröffneten „Foyer am Münster“ war von Anfang an umstritten. Kritiker monierten, dass die Nutzung der Tagungsstätte durch kirchenferne, gleichwohl zahlungskräftige Mieter dem Charakter und Auftrag der Gemeindeeinrichtung zuwider liefen. In der Tat signalisiert eine Ansicht der luxuriösen Ausstattung des „Foyers“, die der General-Anzeiger jetzt veröffentlichte, dass die Betreiber des Münster-Carrés wohl von Anfang an im Sinn hatten, es – gegen entsprechende Nutzungsgebühr – insbesondere kapitalkräftigen Interessenten zu überlassen.

Hohe Wellen schlug 2012 die „Erste Bonner Immobilienmesse“, die am 8. September 2012 in den Räumen der Tagungsstätte stattfand. Als Veranstalter der „Messe“ firmierten neben dem Online-Anzeigenportal kalaydo.de der Bonner General-Anzeiger und sein damaliger Anzeigenverkaufsleiter, Philipp Nadler. Einen Tag später, am 9. September 2012, lieferte der General-Anzeiger einen wohlwollenden Bericht über die Veranstaltung, Autorin: Ebba Hagenberg-Miliu, der jedoch eine Reihe kritischer Leserzuschriften auslöste.

Einer dieser Leserbriefe an den General-Anzeiger, der dort zwar nie veröffentlicht wurde, beschäftigt inzwischen erneut Bonner Journalistenkreise. Denn möglicherweise, so die Vermutung, war die Leserzuschrift – unautorisiert weitergereicht – mit eine Ursache dafür, dass das Kölner Generalvikariat fortan die Finanzen der Bonner Münster-Pfarrei genauer unter die Lupe nahm.

In dem Schreiben, das dem Beueler Extradienst vorliegt, wundert sich der Verfasser, „dass kommerzielle Veranstaltungen nun also auch unter dem Dach des altehrwürdigen Bonner Münsters – und vermutlich mit Genehmigung von Münsterpfarrer Monsignore Wilfried Schumacher – stattfinden können. Gewiss: Die Kirche muss mit der Zeit gehen. Aber mit Verlaub: Wer mit den Erzählungen des Neuen Testaments großgeworden ist, fühlt sich durch den Bericht unwillkürlich an die »Vertreibung der Händler aus dem Tempel« erinnert.“

Weiter heißt es in dem Leserbrief: „Die Herren Matthäus und Johannes, als Evangelisten und Apostel allgemein bekannt, berichten darin, dass Jesus seinerzeit schwer etwas gegen Verkaufsveranstaltungen in kirchlichen Räumlichkeiten hatte. »Und Jesus ging in den Tempel und trieb alle, die im Tempel kauften und verkauften, hinaus, stieß die Tische der Wechsler und die Sitze der Taubenverkäufer um und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes genannt werden. Ihr aber macht es zu einer Räuberhöhle«, heißt es bei Matthäus (Mt 21, 12-13). Und bei Johannes (Joh 2,13-17), wenn auch einige Jahre nach dem Bericht des Kollegen Matthäus verfasst, fällt die Szene noch drastischer aus: «Da machte er eine Geißel aus Stricken und jagte alle zum Tempel hinaus, samt den Schafen und Rindern, verschüttete die Münzen der Geldwechsler, stieß ihre Tische um und sagte zu den Taubenverkäufern: Nehmt dies von hier weg und macht aus dem Haus meines Vaters kein Kaufhaus.« ‒ Ob Jesus auch im Bonner Münster-Carré ausgerastet wäre? Wahrscheinlich ja. Und seinem Diener Wilfried hätte er mit einer Geißel woraus auch immer noch eins übergebraten.“

Der damalige stellvertretende Chefredakteur des Bonner General-Anzeiger, Alexander Marinos, verwies zur Begründung, warum das Blatt die Zuschrift nicht veröffentliche, auf die Problematik von „Texte[n], die religiöse Themen behandeln und womöglich religiöse Gefühle verletzen“. Im konkreten Fall, so Marinos, „erschien uns die Kombination aus naturgemäß nicht oder schwer kürzbaren Bibelzitaten und der etwas flapsigen Sprache im Zusammenhang mit Jesus (‚ausgerastet’, ‚übergebraten’) problematisch. Die Dialog-Redaktion hat sich deshalb und mit Blick auf andere aktuelle Themen […] gegen einen Abdruck entschieden. Keinesfalls sollten Sie dies persönlich nehmen.“

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