Wer dieser Tage die Strategie der Versicherungswirtschaft beobachtet, muss zu einem erschreckenden Ergebnis kommen: Gerade hat die Generali-Gruppe Renten- und Lebensversicherungsverträge zur privaten Altersvorsorge in Höhe von über 400 Mio. Euro in eine Tochtergesellschaft ausgegliedert. Ursache sind die vertraglich garantierten Zinsen, die in den 90er und 00er Jahren mit Kunden abgeschlossen wurden, die damit Rot-Grün folgen und private Vorsorge treiben wollten. Aufgrund des gesunkenen Zinsniveaus fällt es den Versicherungen derzeit immer schwerer, einerseits ihre gewohnten exorbitanten Gewinne zu kassieren und an die Aktionäre auszuschütten und gleichzeitig die Verträge mit ihren Kunden zu erfüllen.Eine angemessene Reaktion wäre zum Beispiel, in den Immobilienmarkt zu investieren, langfristig und nachhaltig, anstatt Spekulationsblasen zu befördern, sich mit soliden Ergebnissen von 6-7% zufrieden zu geben und dabei noch zur Entspannung des Wohnungsmarkts beizutragen. Einige Versicherer gehen diesen Weg. So hat etwa die Zürich Versicherung sich zu diesem Zweck vor einigen Jahren das Kölner Immobilienunternehmen Corpus Siero, ehemals die Immo-Tochter der Sparkasse Köln-Bonn, gekauft.
Gute Policen in “schlechte Gesellschaften” versenken
Andere gehen einen absehbar schmutzigen Weg: Anstatt sorgfältiger nach soliden Anlagen zu suchen und diese nachhaltig zu betreiben, geht ein Teil der Versicherungen nun daran, zu kopieren, was die Banken in der Bankenkrise mit den “Bad Banks” vorgezeichnet haben. Weil sie absehbar teure Verträge bedienen müssten, verkaufen sie diese an Tochtergesellschaften, die sie selbst gründen, die aber viel geringer kapitalisiert sind, als ihre Muttergesellschaften. “Für Sie als unsere Kunden ändert sich nichts” wird den Besitzern der Policen vorgegaukelt und dabei verschwiegen, dass man natürlich solche Gesellschaften nur gründet, wenn man damit rechnet, Verluste zu machen und für diese nicht selbst gerade stehen möchte. In einem Interview nannte das ein Versicherungsmanager “Konsolidierung unseres Geschäftes”, die kleineren Gesellschaften seien “näher am Kunden” und könnten “flexibler reagieren” – lauter ideologischer, verschwurbelter Blödsinn, mit dem man nur verdecken möchte, dass die Bürger in der privaten Vorsorge doppelt abgezockt werden sollen. Zuerst haben sie jahrelang für die Prämien und Renditen der Versicherungspaläste gezahlt, dann wird ihnen entweder der Ertrag gekürzt oder die Gesellschaft geht pleite und muss dann – voraussichtich mit Steuergeldern oder öffentlichen Krediten, weil man die Betroffenen politisch ja nicht hängen lassen kann, – hoffentlich – “gerettet” werden.
Produktivitätssteigerung wird unterschlagen
In dieser Situation kommt ain Vorschlag von Olaf Scholz, die Rentenversicherung bei mindestens 48% bis 2040 zu belassen, wie eine Drohkulisse auf die Versicherungen zu, die doch um so mehr Reibach machen, um so geringer die Leistung öffentlicher Rentenversicherung ist. Dabei hat die nachweislich immer noch die höchste Effizienz an Transferleistung, weil außer für die Mitarbeiter keine Kapitalausschüttungen an Dritte erfolgen müssen. Und – was die derzeitige Diskussion natürlich besonders irreführend macht – die sogenannten “Experten” und Versicherungslobbyisten unterschlagen natürlich, dass Rente eine Solidarleistung ist, zu der auch Unternehmen herangezogen werden müssen. Und diskutiert werden muss, ob nicht angesichts von “Crowdwork” und anderen Arbeitsformen auch Selbständige, Beamte und Gewerbetreibende einzubeziehen sind. Denn die zu erwartenden und durch Digitalisierung geradezu explodierenden Produktivitätssteigerungen dürfen natürlich nicht an den Sozialsystemen vorbei gelenkt werden. Dazu gehört auch, Google, Facebook, Amazon, Starbucks und co. und endlich richtig zu besteuern und zu Sozialabgaben heranzuziehen!
Ideologie vorbeugen
Verdummungskünstler wie der ewige Jungpolitiker Jens Spahn mit ihrer dümmlichen Behaptung, immer weniger Arbeitnehmer müssten immer mehr Rentner pro Kopf durchfüttern, werden bald wieder aus dem Sommerloch auftauchen und dieses Märchen verbreiten. Dabei haben schon die letzten – wirtschaftsnahen – Rentenkommissionen einräumen müssen, dass die Produktionssteigerungen die demografischen Probleme kompensieren können. Der Kampf um die Renten könnte ein Stück Aufklärung werden, wenn die SPD sich einmal bemühen würde, die gesellschaftlichen Kosten der bisherigen privaten Rentenvorsorge, vor allem die Kosten, die dadurch entstehen, dass Millionen Scheinselbständiger, Teilzeitbeschäftigter und Zeitarbeiter niemals eine Chance haben, diese private Vorsorge zu betreiben und deshalb später Hartz IV oder Sozialhilfe von den Kommunen beziehen, einmal einem Rentensystem, das menschenwürdige Mindestrenten gewährt, gegenüber stellen würde. Herr Scholz und Herr Heil, übernehmen Sie!
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