Wundersame Bahn (XVI)
Ich war am Samstag in Hambach. Da rund 20.000 Menschen erwartet wurden, zog ich es vor, mit der Bahn zu fahren, weil ich mir sicher war, dass Busse und Pkw irgendwo jodwedeh (janz weit draußen) parken würden. Morgens um 9.02 von Bonn aus mit dem Zug nach Köln. Der war schon ganz ordentlich gefüllt, zahlreiche Reisende mit großen und kleineren Plakaten, viele Familien mit kleinen Kindern machten sich bei strahlendem Sonnenschein auf dem Weg zu jener Demo, die die Aachener Polizei, vermutlich in enger Absprache mit dem NRW-Innenminister Reul verboten hatte. Aus Sicherheitsgründen, so hieß es. Kurz vor Köln gibt es im Zug eine erfreuliche Durchsage, die Bahn habe den S-Bahn-Verkehr nach Buir verstärkt. Die S-Bahn fuhr für Bahn-Verhältnisse recht pünktlich ab, es gab sogar noch Sitzplätze. Der Weg vom Bahnhof Buir zum Kundgebungsgelände zog sich etwas, weil eine mögliche Route als Fluchtweg vom Kundgebungsgelände weg, reserviert und somit für den „Gegenverkehr“ vom Bahnhof zum Gelände, gesperrt war. Wunderbare Kundgebung, die erwartete Teilnehmerzahl von 20.000 wurde bereits gegen 13 Uhr weit überschritten. Sie sollte im Laufe des Tages auf gut 50.000 anwachsen.
Gleis gesperrt, weil Fluchtweg (Lehren aus Loveparade)
Auf dem Rückweg von der Kundgebung zum Bahnhof Buir war der direkte Zugang zum Gleis 1 nach Köln von der Polizei abgesperrt, um diesen als Fluchtweg vom Gleis freizuhalten. Als Lehre aus dem Drama bei der Loveparade in Duisburg wurde das von den Polizeibeamten kommuniziert. Kurz vor dem Bahnhof verteilten DRK, Malteser usw. an dem „Umweg“ zum Gleis kostenlos kleine Wasserflaschen. Ein Genuss nach fünf Stunden Staub einatmen auf dem als Kundgebungsort genutzten abgeernteten Feld.
Bahnhof Buir hoffnungslos überlastet. Kurz nach 17.00 h fährt tatsächlich eine S-Bahn Richtung Köln. Sie ist in kurzer Zeit überfüllt. Den Hunderten wartenden Menschen erklärt ein Bahn-Mitarbeiter über Megaphon, die nächste Bahn käme in „fünf Minuten“. Ich frage ihn laut, ob er reale Zeit meine, oder „fünf Bahn-Minuten?“ Lautes Gelächter bei denen, die es hören konnten und offensichtlich auch sonst schon mal Bahn fahren. Im direkten Gespräch bestätigt mir dieser Mensch sichtlich genervt, ja in fünf Minuten käme die nächste Bahn. Natürlich kam weder in 5, noch in 10 oder 15 Minuten eine Bahn. Ich frage bei der Hotline nach und erfahre, das es eine zusätzliche S-Bahn zwischen Buir und Köln gebe, und dass die nächste Bahn wegen eines Polizeieinsatzes in Düren sich weiter verspäte. Gewappnet mit dieser Auskunft, frage ich noch mal den Bahn-Mitarbeiter bzw. ich versuche es. Denn er raunzt mich an, ich soll mich wieder in die Reihe begeben, ihn interessiere nicht, was der Kundendialog der Bahn erzähle. Doch wenige Minuten später erscheint genau die, mir im Kundendialog erteilte Auskunft über die Verspätungen in der Laufbandanzeige. Da stand nun zu lesen, dass die nächsten S-Bahnen nach Köln 40 bzw. 20 Minuten Verspätung haben. Das bedeutet, dass sie statt um 17.30 um 18.10 und statt 17.50 h ebenfalls um 18.10h abfährt. Gutes Timing, wieder eine Bahn gespart. Am folgenden Montag frage ich bei der Pressestelle nach den Differenzen zwischen den verschiedenen Bahn-Auskünften. Die Bahnsprecherin in Düsseldorf lobt zunächst mal die enorme Leistung der Bahn-Mitarbeiter, die zwischen 17 und 19 Uhr den Rückweg von über 20.000 Bahnreisenden von Buir aus Richtung Aachen und Köln organisiert hätten. Dann erklärt sie, dass es – so wie in einer Presseerklärung des Nahverkehrs Rheinland am 4.10.2018 bereits verkündet, zusätzliche Fahrten der S-Bahn nach Buir geben würde. Von einem 20-Minuten Takt ist die Rede.
Virtueller 20-Minuten-Takt – Fahrgäste sind schuld, sind zuviele
Wörtlich hieß es :“ …Aus diesem Grund wird zwischen 10 Uhr und 18.30 Uhr zusätzlich eine stündliche Zusatzfahrt der Linie S 13 zwischen Sindorf und Düren mit Halt in Buir fahren. Zusammen mit den planmäßigen Fahrten der Linien S 13 und S 19 entsteht dadurch zwischen ca. 8 Uhr und 19 Uhr ein durchgehender 20-Minuten-Takt (drei Fahrten pro Stunde).“
Wenn also alle 20 Minuten eine S-Bahn fahren sollte, stelle sich die Frage, warum denn zwischen 17.10 und 18.10 keine S-Bahnen nach Köln fuhren?
Ja, weil es immer wieder Verzögerungen infolge des hohen Fahrgastaufkommens gegeben habe. Warum fuhren dann eine S Bahn und ein Regionalexpress, beide auf dem Schnellgleis, am Bahnhof Buir vorbei?
“Verzögerungen im Betriebsableuf” wurden nicht genannt
Von der S-Bahn wisse sie nichts, der RE könne in Buir nicht halten, weil das Gleis zu kurz sei. – Die unterschiedlichen Angaben des Bahn-Mitarbeiters am Gleis erklärt sie damit, dass dieser im ständigen Kontakt war, und sich nicht an den Angaben etwa in der Anzeige orientiert habe, sondern an den telefonischen Auskünften, die er direkt erhielt. Dort habe er dann etwa erfahren, dass eine S-Bahn „jetzt von Düren aus losfahre“ und dem entsprechend in wenigen Minuten in Buir erwartet würde. Auf die Frage, warum aber diese Angaben mit der erlebten Realität vor Ort, am Gleis nicht übereinstimmten, erklärt die Sprecherin, da habe es möglicherweise nach dem Telefonat des Mitarbeiters weitere Verzögerungen gegeben. Die Formulierung „wegen Verzögerungen im Betriebsablauf“ vermied sie. Festzuhalten bleibt, obwohl es angeblich einen 20-Minuten-Takt gab, gab es zumindest zwischen 17h und 18 keinen Zugverkehr zwischen Buir und Köln…
Kann ja mal vorkommen…
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