Bonn sonnt sich in seinem Ruf als Vorreiter der erneuerbaren Energie. Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan ist viel unterwegs, um in der weiten Welt über die Stadt der erneuerbaren Energie zu berichten. Bonn ist Jahrespartnerstadt von Eurosolar.

Sridharan verweist gerne darauf, dass die Stadt Bonn sich schon sehr früh für die Förderung regenerativer Energien stark gemacht habe. Bereits seit 2012 bezieht die Stadt grünen Strom für ihre Liegenschaften. Außerdem liegt der Anteil erneuerbarer Energien im Strommix der Stadtwerke Bonn bei 69 Prozent. „Damit sind wir Spitzenreiter in Deutschland“, so Sridharan weiter.
Um so erstaunlicher erscheinen da die Erzählungen des Städtischen Gebäudemanagement Bonn (SGB) gegenüber dem General Anzeiger (GA 19.2.2018: Sonnenenergie fristet Schattendasein). Darin stand nämlich zu lesen, dass eine Photovoltaik-Anlage einer bestimmten Größe sich gar nicht lohne. Zitat aus dem GA Artikel: „Weil die Einspeisevergütung auf 20 Jahre begrenzt ist, stehen laut SGB den Einnahmen von 132.060 Euro Ausgaben von 162220 Euro gegenüber, was eine Installation der PV-Anlage aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht vertretbar mache“.
Man liest, wundert und fragt sich, warum der Eigenbetrieb der Stadt Bonn die erzeugte Energie nicht selbst nutzt, um damit seinen Stromverbrauch zu reduzieren? Herbert Hoting, (Phönix Solar Initiative), erfahrener Berater in Sachen PV-Anlagen, hat nachgerechnet und sein Ergebnis dem städtischen Gebäudemanagern und auch dem OB mitgeteilt.

Falsche Zahlen

Hoting zufolge ist die Aussage der Stadt Bonn, „dass der Betrieb einer 73 kW-PV-Anlage einen Verlust von 30.000 EUR erwirtschaftet, nachweislich falsch, und zwar unabhängig davon, auf welchen Zeitpunkt sich diese Aussage bezieht.“ Das teilte er auch der Stadt Bonn mit – erhielt zwar lange Briefe auf seine Anfragen, aber leider keine Antworten auf seine Fragen.
Mir erklärte er, wie die Stadt zu ihrer fehlerhaften Berechnung komme: „Offene große Positionen der Kalkulation sind vor allem die Betriebskosten. Sie werden von dem SGB pauschal mit 1,5% der Investitionskosten angegeben, insgesamt über 20 Jahre also rund 30.000 Euro.” Die Angabe von 1,5% existiere tatsächlich in der Fachliteratur und werde von einem zum anderen abgeschrieben. So Hoting. Doch „mit der Realität oder Erfahrungswerten hat das nichts mehr zu tun. Da das SGB selber seit Jahren PV-Anlagen betreibt, liegen dort natürlich Erfahrungen mit Betriebskosten vor. Danach habe ich erfolglos gefragt, z.B. Kosten für die Reinigung. Wie oft wurden die eigenen PV-Anlagen bisher gereinigt? Wie teuer war das jeweils?“
Antworten auf ganz ähnliche Fragen zum Thema „Rentabilität von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) auf städtischen Liegenschaften“ erhielten jetzt die Linken im Bonner Stadtrat

Keine Richtigstellung seitens der Stadt

Darin gibt die Stadt zu, dass sie die Öffentlichkeit nicht richtig informiert hat. Wörtlich heißt es:
„3.Ist es zutreffend, dass die am 19.Februar 2018 vom General-Anzeiger zitierte Kalkulation des SGB über die jährlichen Kosten einer 73,4 kWp-PV-Anlage in Höhe von 30.000 Euro p.a. aus einem Beitrag der Zeitschrift PHOTON aus dem Jahr 2013 entnommen ist und sich auf den Sommer des Jahres 2013 bezieht?
Das trifft nicht zu. Die Angaben wurden der Ausgabe 12/2014 entnommen. Sie beziehen sich jedoch auf die Marktwerte des Jahres 2013.
4.
Ist es zutreffend, dass die Redaktion der Zeitschrift PHOTON die Stadt unterdessen in Kenntnis gesetzt hat, dass der Preis für eine solche Anlage sich nach ihren Marktrecherchen in den vergangenen fünf Jahren um die Hälfte verbilligt hat oder bestehen von Seiten der Stadt Einwände gegen die Richtigkeit der Angaben der Zeitschrift PHOTON?
Die Redaktion hat Mitte des Jahres 2018 die Verwaltung über diesen Sachverhalt informiert.
5.
Wurde die Stadtverwaltung oder das SGB von anderer Seite darauf hingewiesen, dass die beschriebene Kalkulation nicht richtig ist?
Im Frühjahr 2018 hat sich auch ein Vertreter der Phoenix-Solar an das SGB gewandt und darauf hingewiesen, dass sich die Preise für PV-Anlagen in den letzten Jahren erheblich verändert haben.
Danach war die beschriebene Kalkulation zwar richtig, aber aufgrund der veränderten Marktlage überholt.”

Die Stadt sah sich aber nicht veranlasst ihre falschen Angaben zur Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen öffentlich zu korrigieren.
In ihrer Antwort auf die Frage 8 gibt die Stadt zu, dass sie damit den Ausbau der Erneuerbaren Energie behindert. Wörtlich heißt es:
„Teilt die Verwaltung die Auffassung der Fragesteller, dass beim gegenwärtigen Stand der Energiewende und angesichts des fortschreitenden Klimawandels die Verbreitung unzutreffender Informationen über die Rentabilität von PV-Anlagen in der Öffentlichkeit eine sehr schädliche Wirkung entfalten kann?
Die Verwaltung stimmt dem grundsätzlich zu, weist jedoch darauf hin, dass nicht zuletzt aufgrund des Desinteresses möglicher Nutzer, davon ausgegangen werden musste, dass die mangelnde Rentabilität unverändert fortbestand…“

Den OB wird das nicht weiter stören, Auf der Grundlage der Arbeit engagierter Menschen wie Herbert Hoting, die mit viel Engagement die Erneuerbare Energie voran bringen, kann sich Sridharan als kleiner Solar-König von Bonn in die Sonne stellen und sich in Berlin mit Leuten wie Al Gore treffen, um denen etwas über die wichtige Rolle der Kommunen bei der Energiewende zu erzählen.

Zum Weiterlesen: „Kommentar von Herbert Hoting: Solaranlagen unrentabel,“ Bonner Umwelt Zeitung Sept./Okt. 2018 S. 5