Kindesmissbrauch, -misshandlung, Kinderarbeit sind Themen, die uns zu Recht schnell erregen, weil sie instinktive Schutzreflexe mobilisieren. Doch was, wenn die Täter diejenigen sind, die uns das alltägliche Fußballvergnügen organisieren? Bei T-Shirt-Erwerb mag so manche*r zum Boykott bereit zu sein. Beim Fußball ist es dagegen ganz realohaft egal, weil nicht zu ändern?
Diese abgebrühte Weltsicht bedarf der Überprüfung. Im Rahmen der Football-Leaks traten verbrecherische Praktiken mal wieder ans Licht. Die ARD-Sportschau riss das gestern sehr kurz gefasst und gerafft an. Kurz vor Mitternacht präsentierte der NDR-Sportclub – der WDR glänzte gestern wieder mit Abwesenheit von Sportjournalismus, wg. Karneval – eine ausführliche Fassung der Recherchen, vor mickrigen 94.000 Zuschauer*inne*n. Da können sich die Kinderhändler ja wieder ruhig schlafen legen. Der DFB stellt sich ebenfalls tot – so viel zu den “Werten” des Herrn Grindel.
Im NDR-Sportclub präsentierte sich der Rheinländer Andreas Rettig als bemerkenswerter persönlicher Kontrast zu dem, was wir ansonsten von der DFL gewöhnt sind. Alina Schwermer/taz hat sich noch mal den Konflikt zwischen Hertha BSC und seiner Fanszene angesehen, der beim Gastspiel in Dortmund mehrere Verletzte nach sich gezogen hat. Die konfliktentschärfende Intelligenz, die die Autorin noch erkennen lässt, scheint bei den agierenden Männern keine Chance mehr zu haben. Ähnlichkeiten mit der Politik sind nicht zufällig.
Zur Blickweitung noch eine letzte Empfehlung: während wir über das Finale der Copa Libertadores in Südamerika durch Agenturmeldungen zumindest in Spurenelementen informiert werden (Hinspiel zwischen Boca und River Plate 2:2), informiert nur einer, Mirco Keilberth/taz, über das Finale und den Vorlauf der afrikanischen Champions League. Espérance Tunis gewann nach 1:3 im Rückspiel 3:0 gegen die ägyptischen Favoriten von al-Ahli. Danke, danke, danke – und wie arm von allen andern.
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