Haben Sie sich Günter Bannas schon angehört? Tun Sie es. Seine steile These war, dass die “Bonner Republik” erst jetzt endet, “jetzt” heisst: in einem Prozess seit 2015, dem “freundlichen Gesicht” der bis dahin mutmasslich mächtigsten Frau der Welt und mit dem jetzigen Ende der deutschen Volksparteien. Immer als Prozess gedacht, nicht als Einzelereignis. Selbst wer wie ich dieser steilen These nicht ganz folgen mag, sollte sich die Zeit für 25 Minuten nehmen, weil Bannas kenntnisreicher, als es irgendjemand Anderes könnte, Indizien zu seiner These zusammenfügt, die stimmig sind.
Warum folge ich ihm dennoch nicht? Die Bonner im Übergang zur Berliner Republik ist in einen globalen geopolitischen Prozess eingebunden, nicht als Objekt, sondern als recht (gross-)mächtiges Subjekt. Auf dieser Ebene war der weichenstellende Einschnitt nicht ein provinzieller deutscher Hauptstadtwechsel, sondern die globale Bankenkrise, und wie Deutschland darin seine Grossmachtrolle untauglich zu verteidigen suchte. Darüber erfahren wir mehr bei dem britischen Wirtschaftshistoriker Adam Tooze. Er hat – natürlich – dazu ein Buch geschrieben, und ist dafür auf PR-Feldzug: vor wenigen Wochen im DLF, und hier in einem sehr guten Interview für die Jungle World. Wir erkennen: das war die Zeitenwende, ab der es mit den kapitalistischen westlichen Traditionsdemokratien abwärts ging. Weil sie sich weigerten, die ökonomischen Wurzeln und sozialen Folgen ihrer Krise zu begreifen. Und die herrschenden alten weissen Männer sich im Unfallgeschehen weigern, für Rettungskräfte zur Seite zu treten, wenigstens eine Gasse zu bilden. Dieses Bild kehrt in unserer Zeit immer wieder, es wird greller, lauter und hört nicht auf uns zu belästigen.
Und hier die putzigen Probleme, um die uns die Welt beneidet
Die Welt, die das erlebt, beneidet unser Bonner Puppenstübchen um unsere Probleme. Die Deutsche Bischofskonferenz will nach Berlin umziehen. Ich habe sehr darüber nachgedacht, was mir egaler ist. Und bin nur zu dem Ergebnis gekommen: der Einfluss der Katholischen Kirche auf die Politik wird durch diesen Umzug definitiv nicht steigen
Der eigentliche Weltuntergang droht uns in Bonn ja durch das Fahrverbot. Der General-Anzeiger versuchte in einem ganzseitigen Interview – Update abends: jetzt online – den Stadtentwicklungsdezernenten Helmut Wiesner über dieser Frage zu grillen. Wiesner ist schlau genug, auszuweichen und die Aggression an die Bundespolitik und die Autokonzerne weiterzureichen. Leider verzichtet er auch auf die Artikulation einer naheliegenden Idee: wer die Bonner Anwohner*innen vor Ausweichverkehr schützen will, kann eigentlich nicht anders, als eine Fahrverbotszone (statt zweier Strassen) einzurichten. Aber dann würden sich der General-Anzeiger und der ihn finanzierende anzeigengebende Einzelhandel augenblicklich selbst entleiben, und riesige Einkaufsmalls an den heutigen Autobahnraststätten errichten – die sind nur mit Auto zu erreichen, und die anderen Verkehrsmittel können dabei nicht stören. Wer solche Visionen hat, sollte wirklich zum Arzt gehen.
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