Vier Jahre lang hat die Bundesbeauftragte für den Datenschutz nichts nennenswertes gesagt. Sie hat zu neuen Fahndungsistrumenten wie der Gesichtserkennung in der Videotechnik geschwiegen, hat zu den Skandalen von Google, Facebook und Cambridge Analytica kein Wort gesagt. Sie hat erst kürzlich einen der übelsten Gesetzentwürfe des Bundesverkehrsministers durchgewunken, der sämtliche Kennzeichen von Fahrzeugen erfassen und verdachtsunabhängig abgleichen soll, obwohl es ein eindeutig einfacheres und mit keinen derart gravierenden Grundrechtseingriffen verbundenes Mittel gäbe: Die blaue Plakette für umweltfreundliche Fahrzeuge. Sie war auf internatinalen Konferenzen der Datenschützer nicht vorhanden und hat – anstatt Bürger und Wirtschaft über die Datenschutz-Grundverordnung aufzuklären – sich einen Tag vorher belanglos dazu geäußert und dann wieder zum Büroschlaf in ihr Bonner Büro zurückgezogen.
Eine größere Versagerin im Amt hat die Bundespepublik in keinem öffentlichen Amt in den letzten vierzig Jahren ertragen müssen. Eigentlich müsste sie wegen Arbeitsverweigerung verklagt und ihr die Ruhestandbezüge wegen Untätigkeit entzogen werden. Und nun, knapp vier Wochen vor Ende ihrer Amtszeit gibt sie ein Interview, in dem sie die Automobilkonzerne dafür verantwortlich macht, dass China mit der Elektromobilität einen Überwachungsstaat etabliert, der seinesgleichen sucht. Es trifft alles zu, was sie im Interview mit Heise kritisiert. Es ist auch seit mindestens drei Jahren bekannt und von den Automobilkonzernen und deren Datenschutzbeauftragten immer wieder an die Datenschutzbeauftragte herangetragen worden. Auf dem letzten Nachhaltigkeitsdialog eines Stuttgarter Herstellers im November erst war der chinesische Überwachungstaat Thema, NGO und kritische Sachverständige trugen ihre Besorgnis über das Social Rating System Chinas auf Einladung des Vorstands vor. All dieses ist der Datenschutzbeauftragten seit langem bekannt – ebenso wie der Marktmechanismus, und die Rechtslage, die jedem Unternehmen nur die Entscheidungsmöglicheit geben, als sich an chinesische Gesetze zu halten.
Anstatt folgenloses Konzernbashing zu betreiben, hätte Frau Voßhoff in der Sache hilfreich sein können, indem sie bei der Bundesregierung genau in dieser Frage interveniert hätte. Sie hätte dafür sorgen können, dass die Kanzlerin diese Überwachungsprobleme beim pompösen Staatsbesuch des chinesischen Parteichefs Xi anspricht, in den Korb der Menschenrechte aufnimmt. Denn nur, wenn an anderer Stelle Sanktionen drohen – z.B. bei der Frage der Investition oder dem Kauf deutscher Unternehmen – können Menschenrechtsverletzer wie Xi überzeugt werden, dass nicht alles gemacht werden darf, was sie gerne möchten.
Aber auch hier war Frau Voßhoff ebensowenig präsent wie auf dem IT-Gipfel der Bundesregierung, zu dem sie sich auch einmal hätte kritisch äußern können- schließlich wollen nach wie vor Bundesregierung und IT-Wirtschaft die persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürger zur Beute machen, fabulieren vom “Datenschatz heben” = in die Privatspäre des Einzelnen einbrechen und kündigt gleich mal eine zentrale Partientendatei für alle Bundesbürger an. Oder zu “Smart Cities”, mit Überwachung an jeder Straßenlaterne und jeder E-Ladestation, “Smart Homes” mit “Alexas” Aufzeichung intimster Dialoge in Wohn- und Schlafzimmern “Smart Kühlschränken” mit Überwachung unseres täglichen Konsums – hätte sie vielleicht einmal das eine oder andere bewertende Wort verlieren können. Ihre Vorgänger, ob mit Grünem, FDP- SPD- und sogar CSU-Parteibuch haben davon in der Vergangenheit reichlich Gebrauch gemacht.
Nicht Frau Voßhoff. Sie hat den Gegenwert für ihren Mandatsverzicht im Bundestag einfach still abgesessen. Fünf Jahre hatte sie bekommen. Viereinhalb Jahre Schweigen – und nun eine theatralische Geste des Alarmismus gegenüber Datenmißbrauch in einem Land, wo die Überwachung ohnehin System hat? Aber vielleicht dachte sie ja, wenn sie schweigt, kommt sie wegen guter Führung früher frei und in Rente.
Si tacuisses – Ach, wenn sie doch geschwiegen hätte!
Letzte Kommentare