Wohnungen sind erst der Anfang – Daten, Algorithmen, Kapital …
Es werden nicht die deutschen Parteien sein, die die Frage aufwerfen und antreiben. Albrecht von Lucke/Blätter gibt einen aktualisierten Überblick über ihre Landschaft nach der Europawahl. Impulse werden von dort nicht ausgehen. Sie sind Impulsempfänger*innen, im optimalen Fall Übersetzer*innen in Gesetzestexte und Regierungshandeln.
Das wird in Berlin derzeit schon eingeübt. Ein rot-rot-grüner Senat wird angetrieben von einer gesellschaftlichen Bewegung aus der Stadt heraus. Das Kapital, das scheue Reh, erschrickt und weiss noch nicht recht wie ihm geschieht. Das, was da passiert, ist zu ungewöhnlich und konnte zu Lebzeiten jetziger Generationen noch nicht durchgespielt werden – obwohl das Grundgesetz das seit 1949 vorsieht.
Egal wie es in Berlin im Einzelnen ausgeht. Es ist eine Premiere für gesellschaftliche Selbstermächtigung. Es gibt und gab bereits Parallel-Premieren: Klimabewegung und Protest gegen Uploadfilter. Und für all das neue Lautsprecher*innen, die die alte vom Kapital geordnete Medienwelt langsam aus den Angeln heben.
Neu ist, dass Konzerne angebettelt kommen, sie wollten gerne “reguliert” werden – kostenträchtige Arbeit soll bitte die Regierung verrichten. Beschämender für die politische Klasse geht das nicht. Es zeigt aber auch, wie sich auf allen Seiten alte Weltbilder auflösen.
Claudio Agosti will mit seinem Projekt “tracking.exposed” die Algorithmen der grossen Plattformmonopole öffnen. Nicht nur für mehr Transparenz, sondern auch zur Verfügbarkeit und Kontrolle durch die Nutzer*innen selbst. Strategisch kluge Konzerne würden einen solchen Ansatz schnellstens inkorporieren, um sich damit aus der Schusslinie verbraucher- und datenschützerischer Angriffe zu nehmen. Sylvester Tremmel/c’t meldet berechtigte pragmatische Zweifel an Agostis Ansatz. Wäre ich Facebook hätten beide längst Jobs bei mir.
Nick Srnicek/Guardian (dt. im Freitag) geht einige Schritte weiter, ungefähr so weit, wie die fortschrittlicheren Präsidentschaftskandidat*inn*en der US-Demokraten (zum Vergleich: hier Chinas Strategie im Handelskrieg mit Trump). Es wäre schön, wenn es ungefähr das ist, was den Monopolkonzernen in naher Zukunft blüht. Die Klügeren von ihnen werden solche Optionen schon vorbereiten und ihre Lobbyist*inn*enarmeen entsprechend orientieren.
Srnicek lässt sich aber noch weiterdenken. Z.B. in die Richtung, die hier bei Ludger Eversmann/telepolis zu finden ist.
Ich rechne nicht damit, dass solche Denk- und Strategieansätze noch von politischen Parteien kommen werden. Es ist gut, dass wenigstens publizistisch daran gearbeitet und darüber gedacht wird. Es wird darauf ankommen, dass zur richtigen Zeit am richtigen Ort gesellschaftliche Bündnisse zusammenkommen, die beginnen in solche Richtungen Druck zu entwickeln. Wenn die eine oder andere Partei Glück hat, wird ihr erlaubt, dabei mitzumachen.
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