Zustände wie in einer Grünen-Ratsfraktion
Montag war bei der Süddeutschen (SZ) eine Redaktionsversammlung. Dort soll es hoch hergegangen sein. Wenn einer Darstellung zu glauben ist, die zum Medieninformationsdienst “kress” durchgestochen wurde. Wer sowas durchsticht, verfolgt natürlich eine eigene Agenda. Wer seine Organisation als geschlossenes System betreiben will, bietet immer Raum für solche Durchstechereien. Darum hier nur einige Hypothesen.
Der Streit, um den es angeblich gehen soll, wäre bei gutem Willen, Verhandlungskompetenz und Führungskraft der Führungskräfte pragmatisch zu lösen. Selbstverständlich braucht die Süddeutsche beides: gute Schreiber*innen, nicht nur auf der gerühmten Seite 3, plus eine fitte, aufgeweckte Onlineredaktion mit schneller Auffassungsgabe, und Reaktionsschnelligkeit, wobei die nicht versuchen sollte, die Auffassungsgabe zu überholen (erst Denken, dann Handeln). Nicht alle Redaktionsmitglieder müssen alles können; wichtig wäre, dass ihre Stärken in der Summe komplementär sind und die Diversität des Kollektivs von den Individuen als Stärke verstanden wird. Das kann nur bei gegenseitigem Respekt und Kooperationsfähigkeit gelingen. Wer die Verschiedenheit der Individuen gegeneinander aufbringt, mag intrigenfähig sein; ein Ausweis von Führungskraft ist es nicht.
Selbstverständlich müssen Mitarbeiter*innen mit verschiedenen Talenten dennoch entsprechend ihrer geleisteten Arbeit gleichwertig bezahlt werden. Daran hat die Arbeitgeberseite naturgemäss kein Interesse. Bis hin zu “linken Meinungsmedien” herrscht die Praxis vor, altgediente Mitarbeiter*innen, mit älteren, also besseren arbeitsvertraglichen Rechten als Last zu empfinden, und neueingestellte, biegsame junge Leute radikal schlechter zu entlohnen. Wenn die sich untereinander streiten, statt gemeinschaftliche gewerkschaftliche Solidarität zu organisieren, dann hat die Arbeitgeberseite exakt das, was sie sich wünscht. Wenn nun die Älteren genervt hinschmeissen, weil sie ihr Schäfchen im Trockenen haben, und sich “das” nicht mehr antun wollen, dann läuft es für die SWMH quasi perfekt.
Ich fürchte also, da wurde am Montag eine grosse intrigante Show abgezogen. Es geht um Anderes, als worüber geredet wurde. Auch die Jungen müssen sich hüten. Das in Supervisions-Coachings erworbene Managementwissen, das sie sich vielleicht irgendwo erworben oder erlesen haben, funktioniert nur mit einem Erfahrungsschatz, der sich in langjähriger Praxis ansammelt. Darum mein Verdacht, dass Frau Boenischs geschriebener Text, der diese Welle ausgelöst hat, theoretisch richtig ist. Praktisch ist er es nur, wenn sie auf dieser Basis mit real existierenden, arbeitenden Menschen zusammenarbeiten kann, die abweichend zu herrschenden Managementlehren konfiguriert sind. Mit echter, nichtkünstlicher Intelligenz, die verstanden und geachtet werden muss. Ich habe selbst gelernt, wieviel es klugen, jungen Kerlen (und Ladies) daran fehlt.
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