Fußballexperte Fritz Eckenga hat Recht behalten. Die besten deutschen Fußballerinnen wollen nicht nur nicht von Don Infantino abgeschleckt werden. Dieser Gedanke muss auch bei DFB-Funktonären oder deutschen Fußballjournalisten grosses Unbehagen bereiten. Da ist Frau bei einem Ausscheiden im Viertelfinale der besten 8 auf der sicheren Seite. Denn in Deutschland gilt Weltmeistersein als Menschenrecht – den Grundgesetzartikel finde ich grade nicht – und alles darunter als Menschenrechtsverletzung. Wer von Euch Jungs würde denn mit einem gebrochenen Zeh in so ein Spiel gehen? Wer von Euch hätte die schwedische Torschützin zum 1:1 Sofia Jakobsson aufgehalten?
Die Einschaltquote von 8 Mio. war auf Tatort-Niveau – allerdings bei SommerSonne35Grad. 43% Marktanteil war ein Wert, den auch die Jungsmannschaft meistens nicht übertrifft. Bei dem sehenswerten Sport, den die Frauen-WM zeigt, werden die Mädchen vor den Eingangstüren der Fußballvereine wieder schlangestehen. Wer wird ihnen aufmachen? Der DFB, in einem Zustand wie die SPD, wird auch diese Chance grandios vergeben. Sollten die Frauen lieber einen eigenen Verband gründen? Viel spräche dafür. Aber dass sie dann ausgerechnet von Don Infantinos Fifa, dem Freund Saudi-Arabiens, anerkannt werden müssten, macht es aussichtslos. So bleibt nur der Trost, zu den besten 8 zu gehören. Die Jungs, das nur zur Erinnerung an letztes Jahr, schafften es mal gerade unter die besten 32.
“Empathie ist keine deutsche Erfindung”
Dieser schöne Satz findet sich im Essay von Mirna Funk “Anders, als alle dachten”. Schöne Kommentare zur deutschen Sicht auf die Frauen-WM, Die Autorin lebt in Berlin und Tel Aviv, und kämpft dabei beständig mit sich selbst, ihrer sozialen Umgebung an beiden Orten, und mit der deutschen Antisemitismusbekämpfung. Da heute körperliche Bewegung sowieso nicht ratsam ist, nehmen Sie sich die Zeit und hören ihr zu (knapp 30 Min.). Das lüftet nicht die Wohnung, aber das Hirn. Versuchen Sies hier mal mit Empathie.
Zum gleichen Thema aus anderer Betroffenheitsperspektive: Extradienst-Autor Andreas Zumach im Interview mit der Jungen Welt.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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