Gestern machte die Allianz Pro Schiene publizistischen Wind mit einer Studie über die Folgekosten des Verkehrs, wie er heute ist. Das sind abstrakte Zahlen. Letztes Wochenende erzählte mir eine Freundin vom Motorradunfall ihres Bruders, bei 160 km/h. Er hat überlebt, knapp. Er ist um Amputationen herumgekommen, ebenfalls knapp. Aber er ist ein anderer Mensch, und seine Mitmenschen, Freund*inn*e*n und Verwandte sind ebenfalls nicht mehr Dieselben. Ein Drama und ein Trauma für alle Beteiligten.
Was bedeutet die “Schwarze Null”, die uns die heutige Infrastruktur dieses Alt-Industrielandes beschert hat, im “normalen” Alltag? Die Katastrophe, die z.B. FAZ-Autor Tobias Rösmann im ICE von Sylt nach Frankfurt erlebt hat, mag für ihn ein besonderer Fall sein, freitags und sonntags ist das “normal”. Und in Schleswig-Holstein und Hamburg ebenfalls. Gestern wiederholte der NDR die “WDR-Story” von Johannes Höflich und Jo Angerer. Wer dann noch nicht von Sylt “geheilt” ist, der*dem ist nicht zu helfen. Es gibt nur noch einen, der “Syltisierung gut findet”: der aus einer anderen Zeit entlaufene Landeswirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, der dafür die Verantwortung tägt. Und er tut es gern!
Es gibt noch Inseln im Reiseverkehr. Nicht bei der Deutschen Bahn. Aber bei ausländischen Bahnen, die auf fortschrittliche Weise hinter dem Konzernwahn der DB “zurück” bleiben. Die ÖBB fährt Schlafwagen. Und die Bahngesellschaft aus Tschechien fährt, Speisewagen, in denen die Speisen noch frisch zubereitet werden. Allein das ist schon ein Grund, Berlin anzufahren, um es mit diesem Zug schleunigst zu verlassen. Was Autor Jaroslav Rudiš beschreibt, muss die Zukunft europäischen Reisens werden. Flugreisen darf nicht mehr billiger sein, als dieses Bahnfahren. Und die alten transeuropäischen Verbindungen müssen von der EU wieder hergestellt werden, und sei es gegen ihren Virusinfekt Neoliberalismus.
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