Es ist nur eine kleine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters, die gewöhnlich über Vorgänge im ganz grossen Grosskapital gut informiert ist, weil sie zu seinem Besitz gehört. Die grösste Staatsfirma der Welt Saudi-Aramco, der Ölkonzern der Feudalfamilie Saud, der der Staat Saudi-Arabien gehört und die den “mächtigsten Mann der Welt” finanziell aushält, hat – ich weiss nicht zum wievielten Mal – schon wieder ihren Börsengang (es geht nur um einen einstelligen Prozentanteil an diesem dicksten Schiff des Grosskapitals) verschoben. Da Feudalherrscher ihre Geheimnisse lieber für sich behalten, lässt sich nur spekulieren, woran es dieses Mal liegt. Knatsch in der Familie? Angst vor Kontrollverlust angesichts der Anarchie der Finanzmärkte? Ist MBS doch nicht so ein Alleinherrscher, wie es immer dargestellt wird? Krach mit den Grossbanken, die den Börsengang lancieren sollen? Behindern Konflikte mit anderen Regierungen, bzw. deren Bürokratien (Finanzaufsicht) – vor allem an den Börsenstandorten (NYC, London) – den Vorgang? Gibt es Teile der Familie Saud, die meinen, das Geld nicht zu brauchen? Oder ist umgekehrt die Not und Nervosität schon so gross, dass die Beteiligten nicht mehr wissen, wann der günstigste Zeitpunkt ist, und sie sich bei der Beantwortung dieser Frage keinen Irrtum mehr leisten können? Die Familie Saud ist gross, und viele Prinzen wollen versorgt werden. Arbeiten tun in dem Land überwiegend Migrant*inn*en aus Ägypten, Pakistan, Philippinen u.v.a. Angesichts der Abhängigkeit des US-Präsidenten von dieser Sklavenhalterbande, die aktuell im Jemen vor Massenmord nicht zurückschreckt, ist das für mich die wichtigste Nachricht des Tages.

Frauenfussball-Boom – was soll das sein? Kennen wir hier nicht

Und nun zu was Schönem: Frauenfussball-Boom? Was soll das sein, fragen sich Fans in Deutschland. Hier kennen wir sowas nicht. Hier wird zwar Frauenfussball viel gespielt, und nicht schlecht. Aber keiner guckt zu. Und Geld, wie die Milliardenbeträge bei den Herren, gibts hier auch nicht dafür. Wie in vielen anderen Bereichen heutiger Ökonomien auch (Erneuerbare Energien, Digitalisierung, KI, Mobilität u.v.m.) wird in Deutschland das Wachstumspotenzial Frauenfussball ganz traditionell patriarchal verschlafen – kein Wunder bei dem Frauenanteil im Führungspersonal deutschen Grosskapitals. Mangel an Diversität führt zum Fall der Profitrate. Hatte Marx das auch schon vorhergesehen? Ich habe nicht so viel von ihm gelesen. Frank Hellmann/FR und taz schreibt, dass die Frauenfussdballerinnen demnächst das Wembley-Stadion (knapp 90.000) voll machen. Mit einem Freundschaftsspiel? Die deutschen Herren schaffen das nicht mehr. Aber hier guckt ja auch den Frauen keiner zu. Wir haben ja alles, brauchen nichts, hauptsache alles bleibt, wie es immer war. Was interessiert uns die Welt? Die ist böse und gefährlich. Am Ende nehmen uns nicht nur die Ausländer, sondern “unsere eigenen” Frauen alles weg …

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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