Die Windkraftbranche steht immer stärker unter Druck. Zum einen hat die Politik im Jahr 2019 nur noch rund 180 neue Anlagen genehmingt, im Vorjahr 2018 waren es noch über 500 und erst im neuen Jahr beginnt die Abstandsregelung des Bundeswirtschaftsministers von 1 km von Wohneinrichtungen zu wirken und Anlagen stillzulegen, die eigentlich zur Erneuerung, des sog. Repowering geeignet und vorgesehen waren. Denn viele ältere Anlagen liegen im Einzugsbereich der Abstandsregelung und dies wird dazu führen, dass die Energiewende nicht voranschreitet, sondern weiter torpediert wird.

Die Windkraftbranche ist die Umweltbranche, die in den vergangenen 20 Jahren weit über 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Arbeitsplätze auch in strukturschwachen Gebieten, innovative Industriearbeitsplätze mit gutem Exportpotenzial. Aber schon die Politik der schwarz-gelben Koalition und noch mehr die der GroKo hat dafür gesorgt, dass die Branche derzeit immer tiefer in die Krise rutscht. Repowering wird durch die Anstandsregel unterlaufen, dieselbe Regel verhindert einen zügigen und notwendigen Ausbau an Land. Darüber hinaus wirken sich die unter dem Vorwand der “Subventionsstreichung” gesenkten Förderbeträge für Ökostrom immer häufiger als Killer von Betreiberunternehmen aus, die nicht mehr genügend Rendite erwirtschaften können, um vorhandene Anlagen optimal zu warten. Kleinere Schäden werden notdürftig repariert, aber wenn eine Hauptantriebswelle schadhaft ist, droht die Stilllegung.

Dabei wäre der zügige Ausbau der Windkraft auch an Land Voraussetzung für eine Fortführung der Energiewende und die Entwicklung innovativer Technik. Aber daran scheint die derzeitige Bundesregierung nicht nur kein Interesse zu haben, sie treibt das Aus der Windenergiebranche geradezu voran. Die Folge dieser Strategie ist nicht nur, dass derzeit etwa 65.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, sondern dass auch die eigenen Überlegungen zur Schaffung einer Wasserstoffstrategie untergraben werden. Denn mit dem oft nicht eingespeisten Strom von Windkraftanlagen könnte zum Beispiel Wasserstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge erzeugt und gespeichert werden.

Stattdessen hat die Bundesregierung am vergangenen Wochenende neben einem Zeitplan für den Ausstieg aus der Kohlekraftindustrie unsinnige, unbegründete und unnötige Milliarden”entschädigungen” an RWE und Co. beschlossen, die den Bundeshaushalt gegenüber den Windkraftkosten um das vielhundertfache belasten. Und die Politik tut alles, um sogenannte “windkraftkritische” Initiativen hochzuspielen und ihr zum Teil abwegiges Tun als Hindernis für die Energiewende auszugeben. Dabei stecken hinter dieser Szene dubiose Mischungen aus Esoterikern, Anhängern der Atomkraft, Klimawandelleugnern und AfD-Anhängern. Angeblicher Natur- und Vogelschutz wird als Vorwand mißbraucht, ebenso wie angeblich gefährliche Infraschallemissionen, die an jeder Autobahn- oder Landstraßenbrücke entstehen. Heute hat sich dann laut NDR auch ein “besorgter Wissenschaftler” der “windkraftkritischen” Initiativen nahesteht, mit einem Gutachten zu Wort gemeldet, das die Umweltgefahren bei der Entsorgung von alten Windkraftanlagen beschwört und die Entsorgungskosten versucht, als Problem darzustellen. Auch für unbedarfte Beobachter muss hier der Verdacht entstehen, dass die gesamte Windkraft als Kernbestandteil der Energiewende derzeit im Mittelpunkt einer Kampagne steht, die ihr den Garaus machen soll und, wenn sich nichts politisch ändert, dies auch schafft.

Die Profiteure dieser Entwicklung sitzen schon in den ideologischen Startlöchern. Seit Monaten tauchen in den (a)sozialen Netzwerken, in Stellungnahmen von Politikern und Lobbyisten immer wieder Thesen auf, die von der besorgten Frage, ob man denn nach der Stilllegung von Atom- und Kohlekraftwerken genügend Energieerzeugung in der Grundlast aufbringen könne bis zu der dreisten Lüge, Atomkraft sei rentabel. Atomkraft wäre in Deutschland ohne Milliardensubventionen des Staates niemals funktions-  geschweige denn betriebsfähig geworden. Und wenn es eine CO² intensive Energieerzeugung gibt, ist es die Atomenergie – nicht nur beim Bau der aufwendigen Sicherungsarmierung aus Beton und Stahl, sondern vor allem durch den Aufwand der Entsorgungs- und Endlagerungsmaßnahmen. Die CO²-Bilanz eines Atomkraftwerkes, das ist schon seit den siebziger Jahren bekannt, ist lausig, aber inzwischen in Vergessenheit geraten. CO² neutrale Atomkraft ist ein Märchen aus 1001 Nacht – zumal die Frage eines atomaren Endlagers bis heute ungelöst ist.

Dieser GroKo ist nicht mehr zu glauben, dass sie die Energiewende wirklich will. Das Hütchenspiel mit Kürzungen der Ökostromzuwendungen, Verzögerungen des Baus von Speichertechnik, zögerlichem Ausbau von Stromtrassen und Mindestabstandsregelungen muß endlich aufhören. Mit dieser Regierung ist das nicht zu schaffen, nicht zuletzt weil sich die SPD weiterhin als verlängerter Arm längst veralteter Technik versteht. Sie muss abgelöst werden, damit die Unterminierung der Windenergie endlich aufhört und nicht weiter 65.000 Arbeitsplätze gefährdet und eine innovative Umweltindustrie in den Ruin getrieben wird.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net