Das Corona-Virus ist nun auch in Bonn angekommen, allerdings nur auf der anderen Rheinseite. Brücke schliessen? Von mir aus, meine Lebensqualität würde das nicht beeinträchtigen. Kaum zu glauben, welche weltweiten Auswirkungen eine kleine Karnevalssitzung in Gangelt im Kreis Heinsberg haben kann. An meinem Stammtisch wurde gestern gerätselt: “haben die da auch Karneval?” Insgesamt gilt: Umsatz geht vor Virus.
Darum wurde in den Karneval nicht eingegriffen. Die ökonomischen Auswirkungen wären zu gross gewesen. Und die Stimmung der Jeckinnen und Jecken zu schlecht. Aus den gleichen Gründen traut sich (noch) niemand in Deutschland ans Fußballgeschäft dran. Die Verordnung von Geisterspielen, wie in Italien, ist infektionsstrategisch ein schlechter Witz. Die Stadionfans füllen die Fußballkneipen und verbreiten ihre Viren dort, u.U. noch wirkungsvoller. In der Schweiz wurde der komplette Spieltag abgesagt. Dort ist der Fußball schwächer und die Regierung stärker. Starke Regierung steht uns in Deutschland leider nicht zur Verfügung. Ich teile zwar Bettina Gaus’ aktuelle Eindrücke, fürchte aber, dass es nicht dabei bleibt.
Am Fußballgeschäft hängt zu viel Macht. Die Medienkonzerne, die sich daran bereichern, können in zahlreichen Ländern Regierungen stürzen oder installieren. Der Fußball-Terminkalender ist ein weltpolitisches Faktum, das in seiner praktischen Macht (leider) die UN-Charta überragt. So werden heute also Bratwürste ohne sterilisierte Handschuhe konsumiert. Und an den Eingängen werden zwar Körper auf Pyrotechnik visitiert, aber sicher keine Einzelbefragungen durchgeführt, wo der*die Stadionbesucher*in sich im Karneval oder auf Auslandsreise befunden hat. Finden Sie mal private Security-Kräfte, die die dafür notwendige Kommunikationskompetenz hätten. Als ich 1978 in Ancona eine Mittelmeerfähre Richtung Piräus betrat (mit Endstation Haifa), da begegneten mir solche Leute im Dienste Israels. Selten und teuer.
Unsere Regierung wird schon noch in Panik ausbrechen, wenn es dafür zu spät ist. Für uns Bürger*innen besteht dafür kein Anlass. Grippe ist Grippe, viele sind geimpft, viele auch nicht. Gegen Corona gibts noch keine Impfung, Bleibt also nur, sich nicht mutwillig anzustecken und zu warten, bis sie vorbei ist. Wir werden alle sterben, aber die meisten zum Glück nicht daran.
Wie alle Krankheiten kümmert sich auch diese nicht um Gerechtigkeit. Darum müssen sich die Menschen selbst kümmern, z.B. indem sie ein gerechtes Gesundheitswesen organisieren. Da ist noch viel Luft nach oben. Vor allem im mächtigsten Land der Erde, dem “land of the free And the home of the brave”. Dort ist das ein Politikum mit erheblichem Wachstumspotenzial, zu Recht.
Kriegszwerg Erdogan
Rainer Hermann/FAZ meint, dass Erdogan nun reumütig in den Schoss der Nato zurückkehren muss. Hmm, so viel Naivität würde ich Hermann gar nicht unterstellen. Es ist ein taktischer Moment, den er sicher richtig beobachtet. Die Kurd*inn*en haben über Jahrzehnte und Jahrhunderte oft den gleichen Fehler gemacht, aktuelle taktische Wendungen zu Strategien überzuinterpretieren. Wer in Recep T. Erdogan ein verlässlisches, satisfaktionsfähiges Gegenüber vermutet, hat die entscheidenden Fehler schon begangen. Bei Wladimir Putin sind sie weit weniger vertrauensselig, obwohl er berechenbarer ist.
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