Corona sei Dank – Wundersame Bahn XLIII

Ich bin ja eigentlich eine Bahnkritikerin. Hart erprobt in proppevollen Pendlerzügen zwischen Bonn, Köln und Düsseldorf. Seit 40 Jahren nur im Öffentlichen Verkehr oder mit dem Drahtesel unterwegs. Aus Überzeugung, also Hardcore.

Ich gebe zu, dass die Bahn in früheren Zeiten mich oft an meine nervlichen und physischen Grenzen brachte: Ausfälle, Gedränge, Überfüllung, Verspätungen, Klo kaputt, Schmutz überall, das waren meine alltägliche Erfahrungen.
Normalerweise steht man sich in der Rush Hour – eingequetscht zwischen hunderten mitfahrenden Leidensgenoss*innen – die Beine in den Bauch, und die aus den Zügen quellenden Massen verlassen immer fluchtartig den Waggon. Aber jetzt, Corona sei Dank, ist alles ganz anders. Kein Gedränge auf dem Bahnsteig, keine Sardinendosenhaltung…. seit kurzem ist es einfach nur noch wunderbar und sehr bequem. Kaum jemand fährt mit, und wenn, dann verkriechen sich alle in möglichst entfernte Ecken, wie früher. Nur, jetzt kann man das, jetzt will man ja nicht nur, sondern man soll Abstand halten. Das geht super, es ist ja Platz genug. Ich hätt es nie geglaubt, wenn ich an die Füllmengen von vor 3 Monaten denke.

Wo sind sie denn alle?

Haben die alle Angst vor Corona, ja wieso denn? Ist doch kaum noch jemand da, der mitfährt! Oder sind die noch im Home Office? Oder – nicht auszudenken! Fahren die etwa alle jetzt wieder . .. nein, doch nicht im Klimawandel! Ich jedenfalls freue mich über die Freiheit, die ich sonst kaum hatte, nämlich, in der Hauptverkehrszeit der am häufigsten befahrenen Strecke Deutschlands in einem “Viererabteil” – ganz für mich alleine – die Beine auf die gegenüberliegende Sitzbank zu legen, ohne dass jemand gleich fragt “Entschuldigung, ist der Platz noch frei?”

Was stört mich da noch die Maskenpflicht?

Über Annette Hauschild / Gastautorin: