“Wir kennen unsere Bauern” las ich eben im Prospekt eines Genossenschaftskonzerns, der noch um einiges grösser und fetter als der Corona-Sünder Westfleisch (Umsatz 2017: 2,75 Mrd.) ist: Edeka (Umsatz 2019: 55,7 Mrd.). Als Preisdrücker und Grossmacht des Lebensmitteleinzelhandels sind sie selbst Täter, nicht Opfer, des deutschen Fleischsystems. Nun mag es sein, dass der eine oder andere Edeka-Betreiber individuell anderer Gesinnung ist, das kommt in den “besten Familien” vor. Das ändert meistens leider nichts am verbrecherischen Charakter des Systems.
Wie komm ich drauf? Ich möchte eine weitere Programminnovation des Deutschlandfunks, “meines” Radiosenders melden. Während ich die Zwischentöne-Folge mit Renan Demirkan höre. Diese Frau hat, ohne es wissen zu können, wichtige Etappen meiner jungen Jahre begleitet. Ihr feuerwerkartiger Karriereimpuls als weibliche Nebenrolle im WDR-Kino-Tatort “Zahn um Zahn” mit Götz George als Schimanski war gleichzeitig die Explosion eines damals (1987) fortschrittlichen Frauenbildes, soweit es die damalige westliche BRD betraf. Wenig später sass ich in einer Mittagspause plötzlich und zufällig mit ihr am gleichen Tisch, bei einer Tagung der damaligen “Künstler*innen für den Frieden”. Sie im Gespräch mit ihrer damaligen Managerin war noch weit härter geradeaus, als sie in diesem Film gezeichnet war. Und auf jeden Fall das, was gerne ambivalent als “anstrengend” bezeichnet wird. In ihrem Beruf als Künstlerin geht das, sofern frau überleben will, kaum anders. Ihren Ausführungen im DLF entnehme ich, dass es ihr in ihrem Leben weitgehend gelungen ist, für sich und Andere das Richtige zu tun.
Darum geht es auch Matthias Greffrath. “Die Ideen sind da, doch wir noch nicht so weit – Warum Utopien scheitern” hat er seinen wie immer hörens- und lesenswertenwerten Essay in der DLF-Reihe Essay&Diskurs betitelt, die damit ihre Reihe “Weltverbesserung” abschliesst. Graffrath ist so wenig Revolutionär wie Demirkan (die gerne eine wäre), sondern ein reformistischer Realo (angelehnt in diesem Fall nicht an Grüne Gesässgeografie, sondern als wahrheitsgemässe Charakterisierung), der das Träumen nicht aufgibt. Es gibt wahrlich unzählige schlechtere Menschen, als solche. Und ja, so kann dieser Sender weitermachen, ein Leuchtturm im Medienozean.
Liebe Leute, Renan Demirkan war nicht weibliche nebenrolle, sondern weibliche Hauptrolle in diesem Schimanski-Thriller. Einfach klasse, die Frau