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Wirecard: Spezl von der FPÖ

Als ob das Wirecard-Spektakel noch nicht dubios genug gelaufen wäre – vom Start-Up, das zeitweise für wertvoller gehalten wurde, als die Deutsche Bank – zum Betrug des Jahrzehnts. Nun werden immer mehr pikante politische Details bekannt. Die Zuseher des österreichischen Fernsehens konnten heute staunend zwei Pressekonferenzen verfolgen: Eine der Regierungspartei ÖVP und eine der rechtsextremistischen FPÖ. Was war geschehen – und vor allem – was hat das alles mit Wirecard zu tun?

Bekanntlich sind die Firmengründer und Vorstände der Wirecard AG Österreicher. Der Vorstandsvorsitzende Markus Braun hat sich der Polizei gestellt und kooperiert angeblich. Die CDU im Bundestag fragt jetzt deshalb ihren Koalitionspartner Olaf Scholz (SPD), was Braun geheimes mit Scholz’ Staatssekretär Kukies anlässlich seines 50.Geburtstages wichtiges zu besprechen hatte, sodass Scholz über die Protokolle Geheimschutzinteresse verhängte und die Bundestagsabgeordneten diese nun nur in der Geheimschutzstelle des Bundestages einsehen können. Ein Affront gegenüber dem Parlament übrigens, denn die Abgeordneten dürfen sich von dem, was sie dort lesen und sehen, keine Kopien oder Notizen machen. Ein Verfahren, von dem ohnehin bezweifelt werden muss, ob es verfassungskonform ist. Was hat ein popeliger IT-Abrechnungsdienst geheimes zu erzählen oder zu erfahren, dass hier ein Aufwand getrieben wird, wie bei den Berichten von James Bond? Könnte es sein, dass hier lediglich verschleiert werden soll, welche illegalen oder zumindest halbseidenen Geschäfte in der Grauzone des halb-Illegalen schon damals von Wirecard betrieben und welche damit verbundenen Probleme besprochen wurden?

Die FPÖ wiederum hat sich heute wegen Brauns angeblicher Nähe zur ÖVP und einem Innovationskreis um den “Wunder Wuzzi” Kanzler Kurz echauffiert. Im Gegenzug saß die ÖVP-Clubvorsitzende vor der Presse und wies auf die dubiosen Kontakte des mit internationalem Haftbefehl gesuchten Vorstand Marsalek mit Ex-Vizekanzler Strache, FPÖ- Innenminister Krickl  sowie dem FPÖ-Verteidigungsminister hin, bei dem sich Marsalek eine Expertise und Einfluss bei und zur Aufstellung einer 15.000 Mann starken Söldnertruppe im südlichen Libyen geholt haben soll. Vermittler war, wie die “Süddeutsche Zeitung” berichtet, der FPÖ-Buddy und Strippenzieher Straches, Johann Gudenus. Was aber, so ist doch zu fragen, macht ein Pornofilm-Abrechnungsportal und Kreditkarten-Transferdienstleister mit Söldnern in Libyen? Zur Zeit der Aktivitäten Marsaleks 2017 war dort, außer mit Flüchtlingen Menschenhandel zu betreiben und mit Waffen zu handeln, nichts zu verdienen.

Und damit nicht genug, berichtet die SZ über die haarsträubenden Leidenschaften Marsaleks, die vom Flug mit einer russischen MIG 29 bis zu notorischen Geheimdienstkontakten reichen, von denen vermutet wird, dass sie bis nach Russland reichen. In diesem Zusammenhang ist im österreichischen Untersuchungsausschuss zur “Ibiza-Affäre” davon die Rede, dass ein FPÖ-Politiker und ein Mittelsmann über einen “Jan” sprechen, der beste Kontakte zu Österreichs Geheimdienst und zum österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) habe. Marsalek ist derweil nach einer angeblichen Flucht auf die Philippinen weiterhin nicht auffindbar.

Geheimdienstkontakte, plötzliches Verschwinden in Südostasien und möglicherweise Verstrickung in Waffenhandel: All dies erinnert an das Verschwinden eines gewissen Ludwig-Holger Pfahls (CSU), 1978 Büroleiter von Franz-Josef Strauß, später Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz, Staatssekretär im Verteidigungsministerium und 1995 Generalbevollmächtigter der Daimler-Benz AG für Singapore, als solcher verschwunden, wieder aufgetaucht und als Waffenschmuggler und Steuerhinterzieher in Komplizenschaft mit Karlheinz Schreiber letztlich verurteilt.

Schaumermal, wer diesmal alles so dabei ist, und welche Verbindungen in den Nahen Osten sich noch auftun. Wo so schnell soviel Kohle im Spiel ist, scheinen rechte Gesinnung und illegale Geschäfte offensichtlich nicht weit. Wie sagte meine Patentante noch: “Gleich und gleich gesellt sich gern.” Fortsetzung folgt.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Martin Böttger

    Das müffelt weiter
    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/firma-von-karl-theodor-zu-guttenberg-arbeitete-mit-wirecard-zusammen-16862879.html
    und sieht aus, als wenn es direkt aus dem Kanzleramt durchgestochen wird. Schon wieder Guttenberg, schon wieder China-Beziehungen …

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