“Die Polizei – dein Freund und Helfer” – mit diesem Spruch bin auch ich (geb. 1957) als Kind grossgezogen worden. Obwohl meine Familie nach meinen Recherchen nazifrei war. Denn, was ich bis zu meiner heutigen Recherche nicht wusste: auch diese ideologische Redeweise wurde erst im deutschen Faschismus populär gemacht, weit über seine “tausend Jahre” hinaus. Bis heute belegt die Polizei Spitzenplätze in Meinungsumfragen, wenn gefragt wird, wem die Leute (noch) vertrauen. Langsam kommt heraus, dass immer mehr Teile der Polizei diese Errungenschaft der Nazis mit kriminellen Methoden zu verteidigen versuchen.
Ein junger Mann in meinem engeren Freundeskreis absolviert derzeit ein recht strapaziöses Programm. Er absolviert eine Serie von Aufnahmeprüfungen, um Zugang zur Polizeiausbildung zu erlangen. Er will dort “was verändern”. Die schlechten Nachrichten der jüngeren Vergangenheit – Aufklärungsvertuschung bei NSU-Morden und Breitscheidplatz-Attentat, kriminelle rechtsradikale Netzwerke etc. – haben ihn nicht abgeschreckt, sondern motiviert. Unter Karrieregesichtspunkten stünden ihm weit “bessere” Türen offen, als die Bullen. Aber wo käme unsere Demokratie hin, wenn es nicht Menschen wie ihn gäbe?
Am anderen Ende Hans-Gerd Jaschke. Er ist Ruheständler wie ich. Als junger Mann ist er als Faschismusforscher hervorgetreten, und später wissenschaftlicher Ausbilder von Polizei geworden. Steht er nun vor den Scherben eines Lebenswerkes? Sicher nicht. Es gab und gibt eine Menge hervorragender, bürgerrechtlich orientierter Polizist*inn*en, die durch seine Ausbildung gegangen sind. Mehrere kenne ich persönlich. Ebenso kenne ich zwar nicht Jaschke, aber den Autor seiner Festschrift, Christoph Kopke, als engen politischen Freund. Anfang der 90er liess er mir eine grossartige Führung durch seine Heimatstadt Ulm angedeihen. Jaschke ist zur Verteidigung seiner Lebensleistung entschlossen. Heute morgen im DLF gab er der Polizei und ihrer politischen Führung wahrhaftig gute Ratschläge. Die Herren Innenminister und Polizeipräsidenten dürften es um diese Tageszeit (6.50 h) im Bad, beim Frühstück oder im Dienstwagen gehört haben. Mindestens ihre Pressestellen werden es ihnen heute vorlegen. Was werden sie tun?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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