“Haben wir immer so gemacht” ist in Bonn abgewählt
Die klare Sprache der Stichwahl um das Amt der Oberbürgermeisterin übertrifft alle Erwartungen, jedenfalls soweit sie mir bekannt waren. Die Bürde des Amtes, das sich Katja Dörner erobert hat, hat umso mehr Gewicht. Da sie weniger zart gebaut ist, als sie wirkt, besteht Hoffnung für die Entwicklung der Stadt.
Das Stichwahlergebnis zeigt die radikale Entsolidarisierung im rechten politischen Spektrum Bonns. Nach den Ergebnissen des ersten Wahlgangs sowie der Ratswahl vor zwei Wochen, fühlten sich die meisten CDU-Politiker*innen von den Wähler*inne*n ungerecht behandelt, und konzentrierten sich bereits auf die Suche nach Schuldigen. So ist eine Mobilisierung für den eigenen Mann nicht zu machen. Sridharan legte gegenüber dem 1. Wahlgang um mickrige 4.000 Stimmen zu, Dörner dagegen um knapp 30.000.
Sie hatte alles gut vorbereitet. Weil die Grünen “es” alleine nicht schaffen konnten, hat sie frühzeitig kommunikative Achsen gebildet, als Bonner Bundestagsabgeordnete weit über 10 Jahre überparteiliche Bündnisse mit ihren Kolleg*inn*en für die Stadt und Region geschmiedet, dass es sich jetzt auszahlte: die engagiertesten Sozialdemokrat*inn*en und Linken machten mit, weil sie ihnen gegenüber mit Glaubwürdigkeit auftreten konnte.
Die Mühen der Ebene beginnen jetzt.
Zwar gibt es zahlenmässig eine Ratsmehrheit für eine Grün-Rot-Rote Zusammenarbeit. Dörner ist bekannt dafür, dass sie es sich so gewünscht hat. Das Geschenk haben ihr die Wähler*innen gemacht. Es ist aber nicht zu übersehen, dass die Mehrheit der Wähler*innen nicht die Mehrheit der Bürger*innen ist. Die Ratsmehrheit kann jederzeit durch querschiessende Individuen, an denen in diesem Rat gewiss nicht mangelt, und es noch nicht einmal in ihrer eigenen Grünen-Fraktion tut, dahinschmilzen wie das Arktiseis, und die den Rhein nur noch wenig speisenden Alpengletscher.
Darum wird es sehr sehr spannend, was auf dem Weg zu einer klima- und sozial-gerechten Stadt gelingen wird. Die Oberbürgermeisterin braucht dafür nicht nur gut 60 Ratsmitglieder, sondern über 5.000 Beschäftigte der Stadtverwaltung (und nachgeordneter Betriebe) und über 300.000 Bürger*innen, die interessiert und motiviert sein müssen, dabei mitzumachen.
Zu viele OBs in Bonn sind an dieser Aufgabe schon gescheitert. Lucien Favre würde dazu sagen: “Es wird sähr, sähr schwär!”
Genau so, Martin
Gratulation an Katja, Gratulation an die Grünen. Ja, es wir schwer, wie jedes Regieren und besonders bei dieser “das ham wer schon immer so gemacht” Stadt. Und ich wünsche mir einen Neuanfang ohne Grün-Schwarzes geschwurbel. Viel Glück dabei, Katja!