Baerbock und Habeck in NDR-Schmuse-Doku
Reinhold Beckmann ist ein Jahr älter als ich, und macht einen entschieden fitteren Eindruck. Klassischer Selbstoptimierer. Viel Arbeit, gewiss nicht wenig Schreibtischarbeit als – vor allem beim NDR – erfolgreicher TV-Produzent, aber Waschbrettbauch, Kompliment. Es muss auch Eitelkeit sein. Bei seinem Filmporträt der Grünen Frontmenschen Annalena Baerbock und Robert Habeck ist er der, der am drittmeisten im Bild ist. Er ist halt nicht nur der Filmmacher (mit Falko Korth), sondern auch der Boss der Produktionsfirma.
In der gedanklichen Klarheit der Bedeutsamkeit von Bildern, wie sie zum Publikum sprechen, zeigen Baerbock, Habeck und Beckmann in ihrem Dreiermatch ein klares Unentschieden. Beckmann hängt sich aus dem Fenster, bevor es die Herde tut, mit der These, die er selbst vielleicht noch für mutig hält, garniert mit den dazu passenden Interviewpartner*inne*n (alle, zu 100%, aus der Berliner Hauptstadtblase): Baerbock habe Habeck überholt. Deutlicher als gesprochen sagen das die Bilder der sportenden Grünenspitze: Baerbock in einer hellerleuchteten Turnhalle energiegeladen-dynamisch auf dem Trampolin (was sie zeitweise in jüngeren Jahren leistungssportlich betrieb), Habeck joggend, ein bisschen fischerartig, in den dunklen Strassen Berlins, eindeutig nicht leistungssportlich. Die persönlichsten Momente: Habeck, als er sagt, Engel seien “geschlechtslos, also freudlos”; Baerbock als sie sich beim Anblick eines eigenen sehr alten Videos als viel jüngere Frau erschreckt, weil sie sich – damals mit weniger Selbstbewusstsein – hässlich findet.
Lieber Beckmann: investigativ ist anders. Kritisch war eigentlich fast nichts, wie seine einstige ARD-Schmuse-Talkshow, die als erste weggespart wurde.
Beckmann zum Trost: seine Firma macht viel Gutes, z.B. alles mit Ina Müller, der von mir verehrten Wuchtbrumme (so lange sie mir nicht persönlich aus dem Glotzkasten ins Wohnzimmer steigt).
Der politische Kern des Films sind die Herren Joseph Fischer und Markus Söder. Auf unterschiedliche Weise sagen sie inhaltlich das Gleiche: die Grünen sollen mit der CDU/CSU koalieren, unter einem Kanzler Söder. Womit der von Beckmanns Film aufgeblasene Wettbewerb zwischen Baerbock und Habeck unausgesprochen darin endet, wer die Vizekanzler*innen*schaft übernehmen muss. Das wird Habeck nicht schwerfallen, da nachzugeben.
Ein Standortvorteil von Baerbock wird nicht ausgesprochen, aber für Mitdenkende deutlich: Frau Baerbock kann täglich von der Arbeit nachhause pendeln (Brandenburg, Berlins Speckgürtel) – für Habeck geht das Pendeln dagegen körperlich an die Substanz. Wie für 90% der Politprofis. Berlin liegt am Rand, im Osten von Ostdeutschland.
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