Das Bündnis mit “Bild” ist der sichere Tod
7,2 Millionen Mitglieder sind eine Macht. Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat sie einst besessen und ausgeübt. 1978 lud er eine alte Nazi-Grösse in sein WM-Trainingslager im faschistisch regierten Argentinien ein. Der ehemalige Wehrmachtssoldat und Bundeskanzler Helmut Schmidt mischte sich so wenig ein, wie der liberale Aussenminister und Fußballfan Hans-Dietrich Genscher. Der DFB kam schadlos damit durch. Im Bündnis mit Helmut-Kohl-Finanzier Leo Kirch und dem Bundeskanzler der rot-grünen Koalition Gerhard Schröder wurde dann bei der Fifa die WM für 2006 gekauft, die die Bundeskanzlerin Angela Merkel im Stadion mitfeiern durfte. Die Politik war immer Gast am Hofe des DFB, um sich in der Macht und Popularität dieser bärenstarken Entertainmentbranche zu sonnen.
Viel ist davon nicht mehr übrig. Der Riesen-Marketing-Erfolg der Sommermärchen-WM 2006 ist nahezu komplett verbrannt. Er gründete sehr wesentlich darauf, dass der wenige Jahre zuvor installierte Bundestrainer Jürgen Klinsmann mit dem Anspruch antrat: “Man muss den ganzen Laden auseinander nehmen”. Der “Laden”, das war der DFB von 1978, der zusammen mit der Presse des Springerkonzerns die Agenda des deutschen Fußballs beherrschte, und zum Zeitpunkt von Klinsmanns Antritt 2004 sportlich weitgehend ruiniert hatte. Klinsmann brachte das mit seinem ganzheitlichen Ansatz wieder auf die Beine. Das DFB-eigene Medienprivileg des Springerkonzerns wurde beendet. Ihm assistierten dabei die heute noch im Amt befindlichen Herren Bierhoff und Löw.
Die Springerbande nahm das selbstverständlich nicht wehrlos hin. Vor der WM 2010 wurde, damit es unverdächtig aussieht, über den Spiegel vom von Löw kaltgestellten Ballack-Berater lanciert, in der Nationalmannschaft herrsche eine Schwulenseilschaft. Sportliche Erfolge 2010 und 2014 wehrten diesen publizistischen Unrat über erstaunlich viele Jahre erfolgreich ab. Das missratene Abschneiden (Vorrunden-Gruppenletzter) bei der WM 2018 in Russland bot wieder eine offene Flanke.
Irgendwann, ich weiss nicht, wann es genau war, muss der DFB, muss auch Löw aus Furcht vor der allgegenwärtigen Aggressivität die Tür für diese sog. Journalisten wieder geöffnet haben. Vielleicht war die Beendigung der Arbeit des integren Harald Stenger 2012 dafür ein entscheidendes Datum. Jedenfalls sitzen die Journalisten-Gangster wieder mittendrin und nehmen den Laden noch weit mehr auseinander, als es Klinsmann gelungen ist: als Holzwurm, durch innere Zersetzung.
Hinter der FAZ-Paywall steht heute eine profunde Analyse von Michael Horeni dazu: “Unter Geiern”. Wenn Sie sie lesen wollen, gibt es Lösungen …
Was derzeit innerhalb des DFB passiert, und vermutlich nicht nur den Herrn Löw, sondern auch den aktuellen Präsidenten Fritz Keller bald den Job kosten dürfte, ist organisationssoziologisch paradigmatisch, und praktisch überall, im Grossen und im Kleinen, in unserer Gesellschaft präsent. Zum Beispiel könnte es in ähnlich-wichtiger Weise bald die CDU erwischen. Die Voraussetzungen inkl. der Springerpresse sind alle schon gegeben. Da gehen Systeme unter. Was an ihre Stelle tritt, ist eine zivilgesellschaftlich und politisch zentrale Frage, und absolut offen. Niemand weiss es (oder gibt es nicht öffentlich zu erkennen).
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