mit Update 12.12.
Jede Menge umfallende Reissäcke – aber die wichtigste Nachricht wird eingemauert
Es gibt Dinge, die mich mittlerweile so anöden, dass ich sie nicht mehr sachlich kommentieren kann. Die deutsche Coronapolitik gehört dazu. Dass sich SPD und Grüne im Zwergstaat Sachsen-Anhalt von der CDU über den Tisch ziehen lassen, als Vorzeichen für eine künftige Bundesregierung. Oder die Verteilung der TV-Gelder in der Deutschen Fußball-Liga. Ich mag nicht in die Fäkalsprache abrutschen …
Derweil findet in Indien, unbemerkt von deutscher Öffentlichkeit, der grösste politische Generalstreik der Weltgeschichte statt. Es geht um nicht weniger, als die Agrarpolitik, um ganz ähnliche Interessen-Frontstellungen, wie wir sie auch hierzulande beobachten können. Die hindufaschistische Regierung Modi will freie Bahn für Agrochemiekonzerne, Saatgutmonopolisten und Einzelhandelskonzerne schaffen, zu Lasten von – das ist ein Unterschied zu Mitteleuropa – einer riesigen Millionenzahl von Bauern (hier bei uns gibts ja nicht mehr viele). Sie kommt politisch damit durch, da haben wir wieder eine Ähnlichkeit, weil die politische Opposition zu schlapp und zu doof ist.
Das ist so brenzlig, dass die FAZ den Bericht (“tausende Selbstmorde”!) ihres kundigen Korrespondenten Christoph Hein lieber in ihrer Paywall einmauert. Aber hier werden Sie geholfen: Florian Wilde berichtete in der Jungen Welt schon vor einer Woche. Vor zwei Tagen erschien dieser informative Bericht von Gilbert Kolonko/telepolis. Deutsche Medien vergessen und missachten, dass Indien ökonomisch, ökologisch und sozial ein ähnlich grosses Rad wie China ist, im Guten wie im Schlechten. Das Desinteresse, die Nichtinvestition in minimale journalistische Infrastruktur vor Ort, ist durch absolut nichts zu rechtfertigen, sondern sorgt für ausschliesslich sich selbst reproduzierende Doofheit.
Alles, was Deutschland in agrarpolitischer Hinsicht politisch zu bieten hat ist “Wir haben es satt!”. Immerhin, mehr als Nichts. Bis zu einem vergleichbaren Generalstreik wird es wohl noch ca. 200 Jahre dauern …
Update 12.12.: Gilbert Kolonko/telepolis kritisiert die Berichterstattung der Jungen Welt und die Propaganda der Streikorganisator*innen als überzogen, bestätigt aber die mangelhafte Indien-Kompetenz im deutschsprachigen Medienraum.
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