Ein Jahr Karfreitag
Zeit meines Lebens lästerte ich, am Karfreitag sei “alles verboten”- Mein alter Freund Martin Budich, der mich 1985 als Bundesgeschäftsführer der Jungdemokraten einstellte, versucht seit Jahrzehnten vors Bundesverfassungsgericht zu kommen, weil alljährlich versucht wird, ihm die öffentliche Vorführung von Monty Python’s “The Life Of Brian” zu verbieten. Der Film ist zweifellos ein Meisterwerk, das ich bisher 9mal in voller Länge geguckt habe. Meine No. 1 ist aber “The Meaning Of Life”, der ein Philosophie-Studium ersetzen kann. Mein Lieblingssong ist “The Galaxy Song”.
Nach diesem Song stellen sich heute elementarste Fragen. Die Herrschenden unter den Menschen haben sich für die kapitalistische Wirtschaftsweise entschieden. Mittlerweile ist erwiesen, dass diese Wirtschaftsweise, noch wenige Jahrzehnte weiterbetrieben, menschliches und vieles andere Leben von Tieren und Pflanzen unmöglich machen wird. Die genannte kapitalistische Wirtschaftsweise funktioniert nur, so lange sie immer weiter expandiert, die Kapitalzirkulation so wächst wie die gegenwärtigen Infektionszahlen, und die Extraktion der dem Planeten innewohnenden Rohstoffe und ihrer Verarbeitung und Veredelung ungebremst – neudeutsch: “exponentiell” – weiterbetrieben wird. Da die Erde endlich ist, ist auch diese Praxis endlich.
Kriminelle Monsterinvestoren wie Peter Thiel oder Elon Musk haben das “schon” herausgefunden, und träumen von der Flucht. Nach Neuseeland. Oder zu anderen Planeten. Ich wäre tatsächlich dafür, dass die sich in ihren Raketen versammeln und abreisen. Eine Lösung wäre das nicht. Aber eine Erleichterung.
Wer den “Galaxy Song” der Monty Python’s-Philosophen verstanden hat, wird dagegen versuchen müssen, sich mit dem Planeten Erde zu verständigen. Die Viruspandemie kann nämlich als Immunreaktion des Planeten gegen die vorherrschende menschliche Wirtschaftsweise und Extraktion gelesen werden. Wenn es so ähnlich wäre, geht das Covid-19-Virus nicht weg, nicht auf “Null” und wird auch nicht “ausgerottet” – mit dem gegenwärtigen globalen Impf-Vorrang der Reichen vor den Armen wird es dauerhaft am Leben gehalten. Es wird sich mit immer neuen Mutationen erfolgreich “wehren”, und viele unbekannte Viren werden ihm auf dem Weg zu uns allgegenwärtigen Menschen folgen.
Realistisch wäre also, an einer menschlichen Lebensweise zu arbeiten, die diese Gefahr realistisch zur Kenntnis nimmt, statt sie – erfolglos – “vernichten” zu wollen. Mehrere Jahre “Karfreitag” werden nicht die Lösung sein. Wieviele “Weltkriege” sollen denn noch verloren werden?
Die gegenwärtigen klimatischen Lebensbedingungen sind in der Galaxie nach allen bisherigen menschlichen Erkenntnissen einmalig, eine exklusive Chance für unzählige Lebensformen. Wenn es die woanders noch geben sollte, sind sie mit menschlich-technischen Mitteln bisher nicht erreichbar gewesen, und werden es noch die eine oder andere Generation bleiben. Länger jedenfalls, als die Lebenserwartung der Herren Thiel, Musk, Zuckerberg, Bezos und vor allem: Trump, Bolsonaro usw.
Die, die hierbleiben, müssen die menschliche Lebensweise also revolutionieren. Sie werden es auch tun. Es weiss nur niemand, ob es rechtzeitig sein wird.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net