Zweifellos kann das statistisch erfasste Infektionsgeschehen beunruhigen. Es ist aber möglicherweise auch Auskunft, wie geringfügig es im vergangenen Jahr überhaupt erfasst wurde. Zumindest in Bonn ist – bisher und zum Glück – auffällig, dass die 7-Tage-Inzidenz aktuell immer neue schwindelnde Höhen erreicht, das aber (noch?) nicht von einer vergleichbaren Überfüllung von Krankenhäusern und Intensivstationen begleitet ist. Bis heute ist mir keine empirische Forschung bekannt, die das Infektionsgeschehen spezifischer untersucht: wo ist die Ansteckungsgefahr wie hoch? ich werde den Eindruck nicht los, dass diejenigen, die das beauftragen müssten, in dem Glauben leben, dafür sei ja später noch genug Zeit …
Auf die 7-Tage-Inzidenz aber hat die Bundesregierung ihren ganzen Entwurf zur Neufassung des Infektionsschutzgesetzes gebaut. Das ist eine regelrecht nötigende Aufforderung an Landrät*inn*e*n, OBs und Gesundheitsämter, die Erfassung dieser Inzidenz, die komplett in ihrer Hand liegt, nach der jeweiligen örtlichen politischen Brauchbarkeit zu “beeinflussen”. Also was tun z.B., wenn 4 Spiele einer Fussball-EM im Södermarkusland anstehen? Dieser Manipulationsantrieb ist exponentiell wahrscheinlicher, als wer Bundeskanzlerin wird. Da frage ich mich, was der Kanzleramtschef und Arzt Helge Braun eigentlich den ganzen Tag macht. Kriegt er nichts mehr mit, weil sie in der Hauptstadt Berlin-Mitte alle nur noch am Rad drehen? Und zum Teil noch an völlig anderen Rädern?
Harald Neuber/telepolis beschreibt die verfassungsrechtlichen Angriffsflächen. So kommunikationsunfähig, wie in der Hauptstadt agiert wird, darf als sicher angenommen werden, dass der Gesetzentwurf auf allen juristischen Instanzen angegriffen wird. Gérard Krause/tagesschau-Interview gab die medizinischen Einwände zu Protokoll. Würde die Bundesregierung seinem Rat folgen, könnte sie sich nicht nur viel Ärger ersparen, sondern auch was für die Wirksamkeit ihrer bislang politisch missratenen Pandemiebekämpfung tun.
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