Gegensätze des Tages: Borussia und Sarrazin
Wer sich nicht für Fussball interessiert, kann unten beim letzten Hinweis-Absatz weiterlesen. Hier geht es jetzt mal einige Zeilen um Borussia Mönchengladbach und Max Eberl. Zur professionellen PR-Strategie des Letzteren gehörte es, sich 90 Minuten, also ein fussballspiellang, mit kritischen Fans reflektiert zu unterhalten. Die Fans sind keine Feinde, aber der einschmeichelnd-professionellen Gesprächsführung doch so mächtig, dass sie aus dem Gesprächsgast viel herausholen.
OK, das meiste hatte ich mir schon so gedacht. Mein persönliches Bild von Max Eberl (übrigens auch das von Marco Rose) muss ich nicht korrigieren, es wurde aber erweitert. So war neben dem Geld ein Motiv für den Rose-Abgang, dass er deutscher Meistertrainer werden will, daran mitten in den Corona-Lockdowns in Gladbach nicht mehr glaubte, und es allen Ernstes in Dortmund für realistisch hält. Tja, Reisende soll mann nicht aufhalten.
Dass auch der neue Trainer Hütter so ein Reisender ist, wurde schon durch die Umstände seiner Verpflichtung deutlich. Max Eberl ist kein Systemkritiker, sondern Teil des Systems, ein strategisch klügeres Teil als die meisten, aber ebendieses Systems.
Er meint, ohne Corona hätte er Rose halten können. Ohne Corona, die Umsatz- und Stimmungseinbussen. Ohne Corona hätte Borussia laut Eberl das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr seiner Geschichte verbucht. Verbunden mit der berstenden Fangemeinde im Borssiapark hätte er es für möglich gehalten, Rose zum Bleiben zu überzeugen. So wurde es eine Niederlage, an der er, für Fans durchaus hörenswert, schwer zu kauen hat. So wie wir.
Stark von Eberl finde ich darüber hinaus, dass er sich gedanklich neben sich stellen, und sich selbstkritisch betrachten kann. Mit grossem Selbstbewusstsein schafft mann das. Er hat seinen Vertrag mit der Borussia bis 2026 verlängert. Das ist eine längere Bindung, als sie irgendein Spieler, von durchreisenden Trainern ganz zu schweigen, hat. Und das ist gut so.
Die durchreisenden Fussballlehrer bleiben ein Problem. Und haben eins. In der Leistungsspitze des Profifussballs kommt es immer mehr darauf an, aus starken Spieler*inne*n ein funktionierendes Team zu bilden, in dem alle – ohne individuelle Ausfälle – bereit sind, für die anderen alles zu geben. Diesen Geist zu bilden, ist unter erfahrenen Vollprofis härteste Arbeit (fragen Sie mal in den Parteien). Das schaffen nur die Besten. Und es braucht Zeit. Durchreisende haben davon zu wenig, wie der Fall Rose gezeigt hat. Das war nicht nur eine Niederlage für Eberl. Das war auch teuer.
Eine Lehre für den Fussball, für Unternehmen, Parteien, Organisationen aller Art. Wenn Programme und Personen keine Identität eingehen, können sie auch keine Identifikation schaffen.
Der bestrafte Richter
Die repräsentativste Nase für Entsolidarisierung ist der Herr Sarrazin. An dem Schaden Wohnungsprivatisierung, den der durchreisende Finanzsenator dem Land Berlin zugefügt hat, knabbert die Stadt heute noch. Peter Richter, der sowohl als Autor von FAZ und SZ, als auch als Sidekick von Harald Schmidt schon bessere Zeiten erlebt hat, wurde von seiner Ressortleitung zum Besuch einer weiteren Buchvorstellung des Herrn Sarrazin verurteilt. Was hat er nur verbrochen? Was sagt die Journalistengewerkschaft dazu?
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