Warum haben wir nicht Benko zum OB gewählt?
Erinnern Sie sich noch an René Benko? Das Viktoria-Karree hat er mittlerweile aufgegeben. Zu kleines Rad für einen wie ihn. Alles unter einer Milliarde ist Kleinkram. Über 400 Mio. Kredit aus Steuergeld zahlt er “verzinst” zurück, wie er in einem Paywall-Interview in der FAZ mitteilt. Mit Bürgermeistern habe er “zu 100 Prozent die gleichen Interessen für unsere Innenstädte.” Warum haben wir dann vor einem Jahr nicht ihn, sondern diese kleine rothaarige Frau mit der hohen Stimme gewählt?
Jovial konzediert der Herr Benko: “Wir sollten die Kommunen auch nicht unterschätzen. Dort gibt es vielfach sehr weitsichtige Akteure, die sich der Dringlichkeit neuer Denkmodelle voll bewusst sind. Daher setzen wir voll auf ein enges Zusammenspiel und Zukunftspartnerschaften mit Städten und Kommunen.” Nun überlege ich, ob das eine Drohung ist. “Ein Angebot, das mann nicht ablehnen kann”? Was bedeutet das praktisch? Für den Kaufhof am Münsterplatz? Und für die Bonner Innenstadt? Ich rate der politischen Führung der Stadt, meiner Gewerkschaft und den City-Einzelhändler*innen: lest und glaubt nicht zu viele Interviews
Auch ich gehöre zu denen, die dem Mann und seinen osteuropäischen Kapitalgebern unterstellen, in erster Linie ihr Geld in Immobilien zu sichern, nicht wenige meinen zu waschen. Er hält dagegen die Investitionen, die er in seine Kaufhäuser gesteckt, und selbstverständlich für neue Arbeitsplätze (“2.500”) investiert habe. Ist er doch ein Idealist? Ein Träumer gar? Was hat er genommen, als er sagte: “Unsere Immobilienunternehmen haben juristisch wie betriebswirtschaftlich nichts mit Galeria zu tun.”?
Der Widersinn
Wie irre es mittlerweile im deutschen Immobilien-Business zugeht, illustrieren Boris Quatram und Marie von Mallinckrodt in ihrer ARD-Doku “Kampf ums Ackerland” (Video 43 min, ein Jahr verfügbar, produziert von RBB und BR), linear versendet nah an Mitternacht (knapp über 1 Mio. waren noch wach).
Ein Bauernverband, der die Interessen seiner Mitglieder verträte, würde schon längst permanente Protestcamps (der Link führt zu Aktionen der weniger dummen indischen Bauernverbände) auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude bespielen. Er hätte sich mit “Fridays For Future” und den Überresten von Attac verbündet. Und würde der Ampelkoalition drohen, sie solle der Öffentlichkeit nicht vor die Augen treten, bevor sie nicht endlich das destabilisierende und systemrelevant überdrehende Rad der Flächenspekulation mit einer adäquaten und grundgesetzkonformen (Art. 14, Art. 15) Gesetzgebung stoppt.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net