von Jacqueline Andres
Rheinmetall verliert vor Gericht in Italien
Rheinmetall hat vor Gericht verloren – das ist ein „großartiges Ergebnis dank der Mobilisierung von Bürger*innen, Verbänden und Gewerkschaften“. Der italienische Staatsrat, in etwa zu vergleichen mit dem Bundesverwaltungsgericht, hat am 10. November 2021 die Baugenehmigungen, die Rheinmetall Waffe Munition für den Ausbau ihrer berüchtigten Bombenfabrik auf Sardinien erhalten hat, als ungültig erklärt und aufgehoben.
Zuvor hatten die Umweltorganisation Italia Nostra, die Basisgewerkschaft Sardinien (Unione Sindacale di Base per la Regione Sardegna) sowie der Verein Assotziu Consumadoris Sardigna Onlus im Jahr 2020 beim regionalen Verwaltungsgericht Berufung gegen die erteilten Genehmigungen eingelegt, diese wurde jedoch in erster Instanz abgelehnt. Trotz der hohen Gerichtskosten und der Ungewissheit, ob ein Sieg vor Gericht zu erlangen sei, haben die Organisationen sich dazu entschlossen, das Risiko erneut einzugehen. Unterstützt wurden sie dabei u.a. von der Kampagne Stop Rheinmetall Waffe Munition, die Spendengelder für die anfallenden Gerichtskosten sammelte. Zum anderen leistete die Kampagne transnationale Informationsarbeit und startete zusammen mit weiteren Verbänden und Einzelpersonen einen Appell, um die Genehmigungen für den Ausbau der Produktionsstätte Rheinmetalls in Domusnovas-Iglesias aufzuheben. Der Ausbau ist nicht nur unmoralisch sondern auch rechtswidrig.
So erfolgte die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht und der Bau verstieß gegen städtebauliche, landschaftliche und ökologische Belange. Abgesehen davon wurden 1.) das Aarhaus-Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten und 2.) die Seveso-Richtlinie zur Verhütung schwerer Betriebsunfälle mit gefährlichen Stoffen und zur Begrenzung der Unfallfolgen nicht eingehalten.
In ihrer Pressemitteilung bedanken sich die beteiligten Organisationen bei allen, die bei dieser Auseinandersetzung mitgemacht oder diese unterstützt haben. Nur dank der vielen Menschen und Organisationen, die von der Wichtigkeit dieser Auseinandersetzung überzeugt waren, konnte dies gelingen. Auch aus der BRD kam ihnen u.a. finanzielle Unterstützung zu, die erheblich zu der Entscheidung der Gruppen beigetragen hat, erneut den mutigen Schritt vor Gericht zu wagen. In der Pressemitteilung zum Gerichtsurteil erklären sich die Gruppen zudem optimistisch gestimmt: „Der Kampf ist noch lang, aber ein großer Schritt ist getan!“ Jetzt wird es in der Auseinandersetzung darum gehen, Druck auf Rheinmetall auszuüben, die bereits gebauten Ausbau abzureißen und schließlich das gesamte Werk aufzugeben, da die genannten Gruppen nicht nur gegen den Ausbau des Werkes, sondern insgesamt gegen die militärische Nutzung der Insel Sardinien aktiv sind.
Dies dürfte die dritte herbe Nachricht für Rheinmetall diesen Monat sein. In der Nacht vom 31. Oktober 2021 kam es zu einer unbeabsichtigten Explosion auf dem Gelände von Rheinmetall Denel Munition (RDM) in der Nähe der Gemeinde Macassar in Südafrika. Verletzt wurde niemand durch den riesigen Feuerball, der entstand, doch es handelt sich hierbei um die fünfte unkontrollierte Explosion in dem Werk seit dem fatalen Unfall im Jahr 2018, bei dem acht Arbeiter*innen von Rheinmetall starben. Bis heute ist dieser tödliche Unfall nicht aufgeklärt. Am 1. November demonstrierten Anwohner*innen vor dem Werk, um gegen die hinterherhinkende Aufarbeitung der Todesfälle zu demonstrieren und forderten die Werkschließung – der Druck gegen das Werk steigt und es ist fragwürdig, ob Rheinmetall es noch lange halten kann.
Zu einer weiteren unbeabsichtigten Explosion kam es auch in der Nacht auf den 10. November 2021 auf dem Produktionsgelände von Rheinmetall im niedersächsischen Unterlüß. Bislang deuten keine Hinweise auf einen Anschlag oder einen Sabotageakt hin – das heißt, das Unternehmen hat einen Bereich seiner Munitionsbunker aus Versehen selbst in die Luft gejagt. Laut eines Polizeisprechers habe die Druckwelle erhebliche Schäden an Betriebsgebäuden in einem Radius von 200 Metern verursacht und Teile des Munitionsbunkers auf dem Werkgelände und im angrenzenden Wald verteilt. Verletzt wurde niemand. Am Sonntag, dem 14. November 2021, ffand auch hier wieder eine Kundgebung statt – die Initiative „Friedensaktion Lüneburger Heide“ fordert ein Ende der Kriegswaffen- und Munitionsproduktion von Rheinmetall.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei imi-online, hrsg. von der Informationsstelle Militarisierung, hier übernommen mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Redaktion.
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