“Entweder die Chinesen finden eine Lösung oder es gibt keine.” (Adam Tooze)
Angesichts des in China betriebenen Personenkults um Xi Jinping ist der Widerspruch zwischen Überschrift und Zwischenüberschrift unübersehbar. Es ist globalgeschichtlich unbestritten, dass wir Deutschen, wenn überhaupt von was, vom Führerprinzip eine Menge verstehen. Es wird zwar ungern namentlich genannt, schwingt aber im veröffentlichten Diskurs dauerhaft mit. Zum Beispiel an überraschender Stelle, beim ständigen System-Renegaten-Verein 1. FC Union Berlin.
Mit dem kam schon die SED nur ganz schlecht zurecht. Und nun ist es der “Hauptstadtverein” Hertha BSC, der von einem Investor so mit seinem Geld zugeschissen wurde, dass er nicht mehr weiss, wie Profifussball geht, und in eine “Försterei” draussen in Köpenick reisen muss, um das neu zu studieren. Der dortige Vereinsboss mit Namen Dirk Zingler hat sich nun politisch weit aus dem Fenster gehängt.
Nicht alles daran ist falsch. Die Ansicht über den “Clown aus München”, wenn der “nicht mehr dabei ist, scheint ja die Bild-Zeitung keine Nachrichten mehr zu bekommen. Das erfreut mich.” ist an analytischer Schärfe nicht zu übertreffen. Zingler hat sie auch nicht exklusiv. Und dass er sich auch mit der fussballpolitischen Zerstörungsmacht des Springerkonzerns anlegt, zeugt von Mut, den in seiner Branche nur wenige haben.
Bei der Rolle des Staates in einer Demokratie hat Zingler nur leider im Sozialkunde-Unterricht nicht ausreichend aufgepasst. Zwar ist es wünschenswert, dass sich demokratische Repräsentant*nn*en des Staates in Krisensituationen auf eine klare Kommunikation einigen – ein Ideal, das nur selten erreicht wird. Keinesfalls ist aber wünschenswert und nicht im mindesten demokratisch, wenn der Staat die gesellschaftliche Kommunikation beherrschen und dominieren könnte. Das ist es ja gerade, was europäische Demokratien von China unterscheiden soll: jede*r darf hier denken und sagen, was sie*er will, auch wenn es Blödsinn ist. Es darf halt nur keine Straftat sein oder zu einer aufrufen.
Dass die Oligarchen der DFL das gerne ändern würden, das glaube ich wohl. In ihren zu Konzernen mutierenden Vereinen, ein Trend bei dem Zinglers Verein eine ausserordentlich lobenswerte Nachhut ist, versuchen sie es immer mehr zu praktizieren. Und setzen dabei auf den kommenden Bundeskanzler.
Denn auch der guten alten Sozialdemokratie ist dieses Denken nicht fremd. Christian Thomas/FR überrascht mit einer tollen Sezierung dieses, ich nenne es mal Führungsprinzips. Das ist exakt der Olaf, von dem der junge Schluri Olaf immer geträumt hat. Er kommt an ein Lebensziel. Und es ist ein aussergewöhnlicher Spannungsmoment, was wohl anschliessend passiert, wenn er es erreicht hat.
Da ist zum einen die bisher völlig missratene Pandemiepolitik, für die Deutschland weit mehr verantwortlich gemacht wird, als irgendeine andere Grossmacht. Ein fieser Trick der USA? Mag sein. Aber zum Reinfallen auf so einen Trick gehören immer zwei. Ich bin sicher, dass Olaf intelligent genug ist, das zu erkennen. Aber ich bin nicht sicher, welche Schlüsse er daraus zieht.
Karin Dalka/FR, stellv. Chefradakteurin, analysiert die Widersprüchlichkeit der Ampelkoalition im nach der Klimapolitik zweitwichtigsten Politikbereich, der Friedens- und Abrüstungspolitik. Diese Widersprüchlichkeit, die die Grünen-Parteiführung wesentlich mit verbrochen, und sich dabei schlechter hat beraten lassen, als der Kölsche Rolf Mützenich. Das wird – leider – nicht nur auf die Grünen, sondern auf das ganze Land zurückfallen. Es reiht sich unschön ein in die schon bei der Impfpolitik gewählte schlechte Rolle. Wenn es dabei bleibt, geht das nicht gut. Und ich weiss nicht, ob Olaf auch das begreift. Das Lobbyieren der Rüstungskonzerne ist hochprofessionell und beeindruckt ihn. Das konnte in Hamburg nicht ausbleiben. Und was Rüstungskonzerne können, können Pharmakonzerne auch. Und Pflegekräfte nicht – die müssen sich in so Nervensägen wie Gewerkschaften organisieren. “Das Problem ist, dass wir in der Pandemie 30.000 Pflegekräfte und 6000 Betten verloren haben”, sagte Dirk Zingler. Da hat er mal exzellent aufgepasst – er war in einer Intensivstation (als Angehöriger).

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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