Die städtische Bodenpolitik in Köln 

Anfang Februar veröffentlichte der Beigeordnete für Umwelt, Klima und Liegenschaften, William Wolfgramm, einen für Kölner Verhältnisse durchaus ambitionierten Beschlussvorschlag mit dem Titel „Vorrangige Nutzung des Erbbaurechts bei der Veräußerung städtischer Grundstücke – Baustein 1 Grundstücke für den Geschosswohnungsbau.“ (1304/2020).

Leider hat der Liegenschaftsausschuss am 14. Februar diese fristgerecht eingebrachte Vorlage, die der Rat am 17. März eigentlich beschließen soll, nicht zur Beschlussfassung empfohlen, sondern “zurückgestellt”. Nun sollte am 9. März eine Sondersitzung des Liegenschaftsausschusses stattfinden, die nun kurzfristig auf den 16. März verlegt wurde. Man darf also gespannt sein, ob diese Vorlage ohne politische Verwässerungen dem Rat am 17. März zur Annahme empfohlen wird. Das Modell soll im Wohnungsbauforum Köln, in dem Privatinvestoren, Genossenschaften, die GAG, die Fachverwaltung und politische Abgesandte aus dem Stadtentwicklungsausschuss regelmäßig beraten, angeblich begrüßt worden sein. Aber einflussreiche “Stakeholder” kritisieren die Vorlage, darunter z.B. Funktionäre von Haus und Grund.

Die kommunalpolitische Diskussion zum Erbbaurecht wird bereits seit Jahren in den Ratsgremien geführt. Bereits 2016 beschloss der Rat eine „Wohnungsbauoffensive“ auf städtischen Grundstücken und Mitte 2019 beauftragte der Liegenschaftsausschuss in einer Sondersitzung zum Erbbaurecht die Verwaltung ein Erbbaurechtsmodell vorrangig für Wohnungsbau zu entwickeln. In beiden Fällen ergriffen damals die Grünen dafür die Initiative. Doch eine Umsetzung einer grundsätzlichen Erbbaurechtsregelung für Wohnungsbau scheiterte in der “alten” Wahlperiode an der Liegenschaftsverwaltung und der CDU.

Der Paradigmenwechsel besteht darin, dass bei der Erbbauvergabe das Grundstückseigentum bei der Stadt bleibt. Somit würde in Köln zukünftig deutlich nachhaltiger mit dem nicht vermehrbaren Gut “Fläche” umgegangen.

Mit „Baustein 1“ soll zukünftig die Vergabe von Baugrundstücken für den Geschosswohnungsbau vorrangig auf Basis des Erbbaurechts erfolgen. So soll deutlich mehr sozialer Wohnraum geschaffen werden als bisher. In Köln besteht dafür ein großer Bedarf, weil weitgehend nur freifinanzierter Miet- bzw. Eigentumswohnungsbau zu hohen Miet- bzw. Kaufpreisen entsteht. Über 45% der Privathaushalte in Köln hätten aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und damit auf eine öffentlich geförderte Wohnung nach Einkommensgruppe A oder B. Die Stadt Köln kann auf Basis des vorgelegten Modells über den Erbbauzins für Investoren und Bestandshalter Konditionen auf städtischen Grundstücken schaffen, die eine Finanzierung von sozialem Wohnraum trotz steigender Bodenpreise ermöglicht. Laut Vorschlag soll der Zins bei 1,5% p.a. für die Laufzeit von 60 Jahren liegen.

Entscheidend für das Gelingen dieses Modells wird aber der Bodenpreis sein, auf dessen Basis der Zins erhoben wird. Ist dieser zu hoch, wird sozialer Wohnraum für die Bestandshalter nicht finanzierbar sein. Daher sollen nun in diesem Modell Kriterien gelten, um einen nutzungsorientierten Verkehrswert zu ermitteln.

Ein solches Vorgehen wurde bislang nur einmal angewendet, nämlich bei der Erweiterung der sogenannten “Indianersiedlung” in Zollstock. Dort ist die Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg der Bestandshalter. Auf einem städtischen Grundstück von ca. 22.000 qm entlang des Kalscheurer Wegs sollen 110 geförderte Wohnungen mit langfristiger Mietpreisbindung, Quartiersräume und eine Kindertagesstätte entstehen. Hierzu erhielt die Genossenschaft per Ratsbeschluss im Jahr 2020 ein Erbbaurecht mit einer Laufzeit von 99 Jahren. Sie schafft 100% öffentlich geförderte Wohnungen mit einer Sozialbindung von 50 Jahren.

Zum aktuellen Verwaltungsvorschlag erklärte Liegenschaftsdezernent Wolfgramm: „Mit der vorliegenden Beschlussvorlage für die Nutzung des Erbbaurechtes für den mehrgeschossigen Wohnungsbau möchten wir der Politik ein unbürokratisches Instrument vorschlagen, um langfristig günstigen Wohnraum in Köln zu sichern. Damit will die Stadt Köln die steigende Mietpreisentwicklung zumindest für einen Teil von Wohnungen abfedern.“

Würde dieser Vorschlag vom Rat beschlossen, könnten Wohnungsbauinvestoren für die ersten 60 Jahre des für 80 Jahre geltenden Erbbaurechts zum Erbbauzins von jährlich 1,5% des Grundstückswertes Bauflächen erhalten, sofern sie sich verpflichten, mindestens 30% sozial geförderten Wohnraum in der Einkommensgruppe A und 20% für die Einkommensgruppe B nach den Vorgaben des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) zu realisieren. Diese Mindestbedingungen gelten solange es kein verbindliches Verfahren für den „preisgedämpften Wohnungsbau“ gibt. Dieser soll gemäß diesem Modell mindestens 20% betragen. Diese Regelung für die Einkommensgruppe B ist gut so, weil unabhängig vom Zustandekommen einer derzeit nur kommunal denkbaren preisgedämpften Förderung das neue Erbbaurechtsmodell für den Geschosswohnungsbau sofort starten könnte.

Durch das “preisgedämpfte Modell” sollen Wohnungen mit einer Nettomiete von 9,50 bis 10,00 Euro entstehen, die Privathaushalten zugutekommen sollen, die über der Einkommensgruppe B liegen. Das Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land NRW (WFNG NRW) sieht aber für diese Einkommensgruppe keine Förderregelungen durch das Land vor, so dass die Stadt Köln ein eigenes Förderverfahren aufsetzen müsste, das über die gesamte Förderperiode nicht vom Wohnungsbestandshalter unterlaufen werden kann und auch keine finanziellen Mitnahmeeffekte erzeugt. Bislang existiert ein solches Modell nicht. Ein zum Landesgesetz analoges städtisches Förder-Modell kollidiert bereits mit dem Verbot für Kommunen, mit Hilfe des kommunalen Haushalts Bankgeschäfte betreiben zu wollen.

Entscheidend für die Wirksamkeit des neuen Erbbauverfahrens wird sein, dass die Liegenschaftsverwaltung dann auch zügig baureife städtische Grundstücke für den Wohnungsbau zur Verfügung stellt und der Rat diese an den Start bringt.

Interessant ist im Übrigen die jüngste Ankündigung des Liegenschaftsdezernats für den „Baustein 2“. Dabei soll es sich um ein Erbbaurechtsmodell für gemeinnützige und soziokulturelle Vereine und Träger handeln. Aufgrund des großen Bedarfs an nicht-kommerziellen Räumen aber auch aufgrund der diversen Konflikte zwischen Vereinen und Stadt sind an diese Ankündigung große Erwartungen geknüpft.

Der Autor engagiert sich im Initiativkreis Otto-Langen-Quartier.

Über Jörg Frank (Gastautor):

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