Der Anti-Raketen-“Schutzschirm” ist der neueste heisse Scheiss, von dem mir noch nicht klar ist, ob ihn die Springerpresse, die Bundesregierung oder die israelische Exportindustrie in die Medienumlaufbahn geschossen hat. Oder alle zusammen. Der Bundeskanzler gab sich jedenfalls nicht kritisch. Wie Sie wissen, habe ich sonntagsabends Besseres zu tun, als Talkshows zu gucken. Nach dem, was ich lese, hat Frau Will – haben Sie mal ihre Schuhe beachtet? – die Fragen nicht gestellt, die ich gerne gewusst hätte.

Sie stellt dafür Jörg Kronauer/Junge Welt, muss aber ähnlich spekulativ bleiben, wie sein ebenfalls kritisch berichtender rivalisierender Kollege Johannes Simon/Jungle World. Ein paar Minuten schneller und gründlicher als ich: Thomas Pany/telepolis.

Viel Wasser in den Aufrüstungswein kippt heute ein weiteres Mal seine telepolis-Redaktion. Rüdiger Suchsland untersucht etwas genauer, wer im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg “die Welt” ist. Stefan Schroeter beschreibt erstaunliche Probleme, an offizielle Daten zum deutschen Import von Energierohstoffen zu kommen.

Sebastian Köhler wiederum sieht Probleme “der Medien” mit ihrem Publikum, und wie sie es zu ergründen versuchen. Ich fasse mal so zusammen: “wir” Publikum sind weniger doof, als die, die uns beruflich informieren wollen, glauben. Trotzdem versuchen sies immer wieder, lassen sich natürlich auch mangels autonomer Ressourcen ständig Knochen zum Abnagen hinwerfen. Beispiel: die kriegsgeplagte und weitreichend zerstörte Stadt Mariupol (Audio 18 min). Trotz meiner persönlichen Mediendiät haben sich mir die Bilder (!) von ihrem Theater eingebrannt. Die Qual ihrer Bewohner*innen, inkl der Flüchtlingsmassen, die es heraus geschafft haben, scheint für die Zeichnung der Kriegsgrausamkeiten nicht ausreichend. So wie Taschendiebe und kleine Gewalttäter in U-Bahnhöfen begeistert vor Überwachungskameras posieren, so ist um das Theatergebäude ein Medienhype inszeniert und produziert worden, der, wie Florian Rötzer seziert, die Glaubwürdigkeit der Inszenierer mehr untergrabt, als ihr nützt. Ach so, Rötzer hat ja auch nur einen Blog. Dann nützt es ihnen wohl doch. Wer immer da was verbrochen hat. Als Mörder sind sie gleich.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net