Wundersame Bahn LXXXVII / Weltrekord / Profitrekord / Irrsinnsrekord SXSW?
So ist das, wenn das Bundesverkehrsministerium immer mit Versagern besetzt wird, derzeit der FDP, in der, wie mein Mitautor Helmut Lorscheid sie nennt, FDP-FDP-FDP-Koalition. Sie werfen einen 9-Euro-Ticket-Stein ins Wasser der Gesellschaft und gucken erstmal was passiert, bevor sie sich weitere Gedanken machen. Bei meinem Freitagsmittagessen rasten Fragen um den Tisch, aber keine Antworten. Ist das für Stamm- oder Neukund*inn*en? Gilt das – wieder nur – in einer Stadt, oder im ganzen Verkehrsverbund? Gibt es eine IC/ICE-Freigabe – oder wieder nicht? Das hat die Bundesregierung bewusst alles im Unklaren gelassen, weil sie zutreffend vorausgesehen hat, dass es darum jede Menge Streit geben wird.
Es geht auch ausgereift. Z.B. im “Alternativen Geschäftsbericht Deutsche Bahn”. Das Mindeste, was wir Wähler*innen im Rahmen einer längst überfälligen Verkehrswende erwarten müssen, ist ein dem österreichischen Modell nachempfundenes Klimaticket. Und zwar nicht als Marketing-Gimmick der DB, sondern als Netzticket, egal welche Klitsche gerade fahren lässt. Kein Mensch will mit einem Bürgermeisterbus fahren, sondern von A nach B, und sehr gerne komfortabel (mit nicht zugeklebten Scheiben, auf bandscheibenfreundlichen Sitzgelegenheiten) und schnell. “Schnell” betrifft nicht die Höchstgeschwindigkeit eines einzelnen Fahrzeugs, sondern wiederum die Netzgeschwindigkeit zwischen Start und Ziel.
Muss dafür erst der Feuda- …, ääh, … Föderalismus abgeschafft werden?
Weltrekord Frauenfussball
Gestern war schon wieder Classico. Und schon wieder hat Barca gewonnen: 5:2. Und ein neuer Weltrekord wurde aufgestellt: 91.553 Zuschauer*innen beim Frauenfussball. Florian Haupt/taz lieferte einen würdigen und rührenden Vorbericht, Sportschau.de einen sportjournalistisch skandalös-sparsamen Spielbericht. Spiegel.de hat seinen Spielbericht eingemauert. Augenzeugen einer Streamingdienst-Liveübertragung berichteten mir von Zauberfussball, der selbst Xavier Hernández i Creus ein Leuchten in den fachmännischen Blick gezaubert haben muss.
Es ist ein Verbrechen am Sport, solche Bilder breiten Öffentlichkeiten vorzuenthalten.
Profitrekord
Ein ähnliches Verbrechen in Sachen Gesundheit und soziale Gerechtigkeit ist das hier. Die Prohibition von Impfstoff durch deutsche Konzerne und Regierung – dazu ist schon alles gesagt und geschrieben. Doch die Mächtigen sind schmerzfrei. Mülheim/Ruhr, ihr Geburtsort, galt in ihrer Jugend im Ruhrgebiet als “Stadt der Millionäre”. Gehen Sie heute mal gucken, wie es da aussieht.
Gewählte Politiker*innen werfen sich für solchen Typen, die ein türkisches Wissenschaftler*innen-Paar auf die Bühne schieben, um sich nicht selbst zeigen zu müssen, in den Staub. Das verursacht mir körperlich schmerzhaften Fremdscham.
SXSW 2022
Ich bin 65 und Rentner. Ich muss nicht mehr alles mitmachen. Die Beschleunigung des Kapitalzirkulationskarussells gehört nicht zu meinen Neigungen. Ich mag alles lieber langsam, vor allem wenn es mit Genuss verbunden ist (oder sein soll).
Darum bin ich in vielen Themen froh, wenn ich auf kompetentere Kollegen verweisen kann. Wenn Sie sich also für den heissen Scheiss der SXSW 2022 interessieren, und was es u.a. mit dem Metaverse wirklich auf sich hat: Richard Gutjahr und Thomas Knüwer haben es sich für die geneigte Leser*innen*schaft angesehen. Sie sind keine unpolitischen Spinner und können gut schreiben. Also wenn Sie mögen, bedienen Sie sich bitte dort.
Politisch betrachtet deutet sich hier an, dass der kommende Kapitalismus nicht nur Alte wie mich vom Karussell fallen lässt, sondern auch alle andern, die nicht mehr mitmachen können oder wollen. Den einen fehlen die Mittel (Finanzen, Bildung, Fähigkeiten oder alles auf einmal), den anderen stinkt es technologisch und oder kulturell. Da ist der Kapitalismus und seine Mächtigen aber so schmerzfrei wie beim Impfen. Da dürfen auch nur die mitmachen, die bezahlen lassen können. Die andern müssen krank werden. Oder gar sterben. Wen juckts? Zumal, wenn sie auch noch schwarz sind und “drohen” dahin zu kommen, wo es besser ist.
Zum Ticket. Ich habe bei den SWB nachgefragt. Die wissen soviel “wie ich”. Also auch nichts. Sind von dieser 9 Euro-Geschichte völlig überrascht worden, mit dem Verkehrsträgern hat niemand vorher gesprochen. Das zeigt mal wieder wie gut diese Deli- tanten und -Onkels in Berlin organisiert sind. Die ganze Professionalität des Auto-Ministeriums wird dabei wieder mal deutlich. Die Mitarbeiter des sogenannten Verkehrsministeriums sollte man alle samt entlassen und das Ministerium mit der um mindestens um die Hälfte reduzierten Zahl an neuen, vielleicht sogar qualifizierten Personen besetzen.